Zusammenfassung

Die Bedeutung von ERP-Systemen wird für die Wettbewerbsfähigkeit als sehr hoch eingeschätzt und es wird gleichzeitig von vielen Misserfolgen im Bereich der ERP-Systemeinführung berichtet. Obwohl sich die ERP-Systemeinführung von der klassischen Einführung von IT-Systemen deutlich unterscheidet sind empirische Untersuchungen zu kritischen Erfolgsfaktoren eher selten (Kohnke 2005, S. 16).

Daher handelt sich bei der Erhebung der 31 kritischen Erfolgsfaktoren um keine Musterlösung, es sind 31 kritische Erfolgsfaktoren einer Literaturrecherche, welche sich auf klein und mittelständische Unternehmen fokussiert. Hierbei ist zu erwähnen, dass die kritischen Erfolgsfaktoren bei Großunternehmen nur wenig abweichen. Es ist also empfehlenswert immer wieder neue Daten zu erheben. Die Wichtigkeit einiger kritischer Erfolgsfaktoren kann je nach Unternehmensgröße variieren (Leyh 2012).

Bei ERP-Systemeinführungen handelt es sich um höchst komplexe Projekte, welche nur schwierig zu kontrollieren sind (Françoise et al. 2009, S. 387). Dies spiegelt sich auch in der Vielzahl der kritischen Erfolgsfaktoren wider.

Trotz einer hohen Anzahl an verfügbarer Literatur lässt sich nicht garantieren, dass bei eine ERP Systemeinführung der Zeitplan, das Budget oder die Qualität eingehalten wird (Françoise et al. 2009, S. 387).

Wie komplex eine ERP-Systemeinführung ist zeigt das Kapitel 4, es lässt sich sagen, dass alle in dieser Bachelorarbeit behandelten kritischen Erfolgsfaktoren eine Daseinsberechtigung haben, weil sie sich in die allgemeine ERP-Systemeinführung aus Kapitel 3 einordnen lassen. Wie bereits vorher erwähnt handelt es sich bei den 31 behandelten kritischen Erfolgsfaktoren um keine Musterlösung und die ERP-Systemeinführung lässt sich aufgrund der Komplexität nicht so leicht beschränken. Diese 31 Faktoren sind außerdem, wie in Kapitel 4, teilweise sehr eng miteinander verflochten. Die Verbindung zwischen der Unterstützung der Geschäftsführung und dem Change Management lässt sich beispielsweise als eine Art Synergie beschreiben, da beide kritischen Erfolgsfaktoren voneinander profitieren aber auch gemeinsam scheitern. So kann beispielsweise eine mangelnde Unterstützung der Geschäftsführung zu einem schlechten Change Management führen. Wiederrum andere kritische Erfolgsfaktoren sind Bausteine anderer kritischen Erfolgsfaktoren, beispielsweise kann ein gutes Change Management nicht ohne gute Kommunikation durchgeführt werden.

Allen voran hat sich die Unterstützung durch die Geschäftsführung als sehr wichtiger kritischer Erfolgsfaktor herauskristallisiert, dies könnte daran liegen, dass dieser Erfolgsfaktor viele andere kritische Erfolgsfaktoren beeinflusst. Die Unterstützung durch die Geschäftsführung ist nämlich eng mit allen organisatorischen kritischen Erfolgsfaktoren verbunden. Auch dies zeigt die Komplexität einer ERP-Systemeinführung auf, da viele organisatorische kritische Erfolgsfaktoren mit menschlichem Handeln verbunden sind. Die Entscheidungen die jedes Individuum bei der ERP-Systemeinführung treffen stehen also im Vordergrund, dies lässt sich auch aus der Minderheit der technischen kritischen Erfolgsfaktoren ableiten.

Die Unterstützung durch die Geschäftsführung wird auch als „the only way to get started“ beschrieben. Denn nur so kann jeder Beteiligte von dem ERP-Einführungsprojekt überzeugt werden (Nah et al. 2003, S. 17).

Zusätzlich ist es wichtig, dass Unternehmen die kritischen Erfolgsfaktoren selbst identifizieren können, damit diese bei der ERP-Systemeinführung fachgerecht berücksichtigt werden können. Bei einer ERP-Systemeinführung handelt es sich um ein Projekt mit vielen Risiken. Die Kenntnis über die kritischen Erfolgsfaktoren ermöglicht es die Risiken in der jeweiligen Phase der ERP-Systemeinführung zu berücksichtigen und die Vorteile der ERP-Systemeinführung können realisiert werden (Somers und Nelson 2001, S. 8).

Diese eigene Fähigkeit zur Identifikation der kritischen Erfolgsfaktoren ist besonders wichtig, da sich Forschungen sich immer auf bestimmte Aspekte der ERP-Systemeinführung beziehen, diese müssen nicht immer für jedes Unternehmen gleich relevant sein. Deshalb ist davon auszugehen, dass es keine Forschung gibt, die alle kritischen Erfolgsfaktoren jeder ERP-Systemeinführung erfasst (Finney und Corbett 2007, S. 343).

Außerdem ist hervorzuheben, dass viele der kritischen Erfolgsfaktoren bei einer ERPSystemeinführung als klassische kritische Erfolgsfaktoren angesehen werden können und nicht nur für eine ERP-Systemeinführung relevant sind. Aufgrund der Komplexität einer ERP-Systemeinführung lässt sich aber sagen, dass jene kritischen Erfolgsfaktoren bei einer ERP-Systemeinführung stärke Auswirkungen haben. Auch dieser Punkt verdeutlicht nochmal, dass die eigentliche Technik bei der ERP-Systemeinführung eine geringere Rolle spielt. Es geht mehr darum wie viel Aufwand die gesamte Organisation für das ERP-Projekt aufbringt (Esteves-Sousa und Pastor-Collado 2000).

Die meisten kritischen Erfolgsfaktoren können auch als Risikofaktoren wahrgenommen werden (Esteves-Sousa 2004, S. 111–112).

Anstatt sich auf RoI und reduzierte Betriebskosten zu konzentrieren sollte bei der ERPSystemeinführung der Schwerpunkt darauf liegen, dass die Arbeitsweise der Organisation verbessert wird. Dies wird dadurch erreicht, dass die Fähigkeiten der ERP-Technologie genutzt werden. Erst dann können auch finanzielle Vorteile realisiert werden. ERP sollte nicht als einfaches Projekt der IT-Abteilung gesehen werden, da die ERP-Systemeinführung sehr komplex und dynamisch ist. Deshalb müssen alle Abteilungen der Organisation in den Wandel miteingebunden (Murray und Coffin 2001, S. 1017–1018).

Forschungsausblick

Zukünftige Forschungen könnten sich mit den kritischen Erfolgsfaktoren basierend auf der Unternehmensgröße befassen (Leyh 2012).

Forschungen bezüglich klein und mittelständischen Unternehmen sind bis jetzt rar und könnten insbesondere für den deutschen Raum, aufgrund der Vielzahl von Unternehmen dieser Größenordnung, interessant sein (Leyh 2011, S. 68).

Außerdem könnten in zukünftigen Forschungen die kritischen Erfolgsfaktoren aus der Sicht der Stakeholder des ERP-Systemeinführungsprojektes untersucht werden. Diese kritischen Erfolgsfaktoren könnten dann nach den Stakeholder-Gruppen kategorisiert und analysiert werden. Hierbei sollten dann auch die externen Stakeholder bei einer ERP-Systemeinführung berücksichtigt werden (Finney und Corbett 2007, S. 343).

Gleichzeitig wäre auch ein Blick auf die Stakeholder als kritische Erfolgsfaktoren selbst interessant, hier könnte untersucht werden welche Stakeholder-Gruppen den größten Einfluss auf eine ERP-Systemeinführung haben.

Da kritische Erfolgsfaktoren nicht nur bei der ERP-Systemeinführung eine wichtige Rolle spielen, sondern auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel dem Projekt Management, könnte man Erkenntnisse zu den kritischen Erfolgsfaktoren auf andere Sachverhalte übertragen und analysieren. Insbesondere weil, wie aus Kapitel 5.1 einnehmbar, die kritischen Erfolgsfaktoren der ERP-Systemeinführung größtenteils nicht technischer Natur sind.

Weiterhin stellt sich die Frage, welche Aussagekraft kritische Erfolgsfaktoren haben, da viele Autoren diese eher als mögliche Einflüsse auf den Projekterfolg behandeln. Sie werden als Faktoren definiert, welche notwendig sind aber nicht hinreichend für den Projekterfolg sind. Dies lässt sich wieder auf die Komplexität einer ERP-Systemeinführung zurückführen. Deshalb sollten weitere Forschungen betrieben werden, welche die Wirksamkeiten der kritischen Erfolgsfaktoren beleuchten und auch das Zusammenspiel mit anderen kritischen Erfolgsfaktoren empirisch überprüft. Da der Fokus bei der erfolgreichen ERP-Systemeinführung weniger auf den technischen Faktoren liegt, sollte hierbei der Bezug zur Arbeits- oder Organisationspsychologie hergestellt werden (Kohnke 2005, S. 24).

Außerdem könnten die kritischen Erfolgsfaktoren bezüglich einer Wettbewerbsänderung untersucht werden, da im Falle einer Wettbewerbsänderung das ERP-System angepasst werden muss. Insbesondere weil ein ERP-System in dieser Hinsicht aber nicht sehr flexibel ist, kommt es wieder zu einem finanziellen und zeitlichen Aufwand, welcher eine neue Berücksichtigung der kritischen Erfolgsfaktoren sinnvoll machen würde (Kohnke 2005, S. 25).