Triebwerkherstellung

Die Produktion von Triebwerken findet separat zur Flugzeugproduktion bei anderen Herstellern statt. Somit werden diese nicht von Flugzeugherstellern wie Airbus oder Boeing entwickelt. Bekannte Triebwerkhersteller sind Rolls-Roys, General Electric und Pratt & Withney.

Die Produktion von Triebwerken unterscheidet sich nach dem Typ des Triebwerks. Zurzeit werden diese in Kolben und Gasturbinen unterschieden (Engmann 2013, S. 502- 542). In dieser Arbeit wird sich aufgrund der technischen Möglichkeiten auf die Gasturbinen konzentriert. Gasturbinen sind aus mehreren Baugruppen aufgebaut und lassen durch ihre modulare Bauweise eine kostengünstige Wartung erwarten (Engmann 2013, S. 557).

Grundsätzlich wird bei der Produktion von Triebwerken die Reduzierung von Lärm- und Schadstoffemissionen angestrebt (Engmann 2013, S. 680). Im Folgenden wird nicht genauer auf die Schritte eingegangen, welche bei der Produktion eines Triebwerks notwendig sind, da dies nicht die Fragestellung dieser Arbeit beantworten würde. Es werden für die Triebwerkhersteller gesetzte Ziele und Anforderungen genannt und es wird deren Erreichbarkeit durch die Hinzunahme von Big Data-Analysen bewertet.

Anforderungen an Triebwerke sind unter anderem die Emissionsreduzierung. Emission gilt dabei als Oberbegriff für Lärm- und Schadstoffemissionen (Engmann 2013, S. 680). Auch in der Strategic Research Agenda (ACARE 2020) wurden 2002 die soeben genannten Ziele der Emissionsreduzierung festgehalten. Daraus lässt sich schließen, dass Triebwerkhersteller in der Produktion von Triebwerken nach innovativen Technologien für die Triebwerkherstellung ausgerichtet sind (NORD/LB 2013, S. 1). An dieser Stelle ist es durchaus denkbar, dass gespeicherte Daten der Triebwerkhersteller, insbesondere diejenigen aus dem Engine Health Management (EHM) wie in Kap. 3.2.1, bei der Analyse von eventuellen Neuentwicklungen miteinbezogen werden können. So könnten darauf operierende Big Data-Analysen, wie in Kap. 2.3 genannt, neue Zusammenhänge zwischen den einzelnen Komponenten eines Triebwerks hervorbringen.

Aktuelle Analysemethoden und möglicher Einsatz von Big Data-Analysen

Bei der Entwicklung von Gasturbinen ist deren thermodynamische Leistungsberechnung ein fundamentaler Bestandteil. Sogenannte Performance-Analysen werden dabei angewandt, um bei Gasturbinen bei der Konzeption, dem Entwurf sowie bei der Umsetzung und der Vermessung von Prototypen zu unterstützen (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt o. J.-b). Performance-Analysen begleiten zudem Gasturbinen bei deren Überwachung und Wartung nach der Produktion (auf die Wartung wird erst im nachfolgenden Kapitel genauer eingegangen).

Die Performance-Analyse kalkuliert in der Konzeptions- und Entwurfsphase die bevorstehenden Kosten als auch das Leistungsspektrum des Triebwerks wie auch die Maße der einzelnen Triebwerkskomponenten. Fehler in dieser Phase lassen sich zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr bzw. nur noch schwer korrigieren, was zu höheren Kosten führen würde (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt o. J.-b).

Aus der vorliegenden Aussage lässt sich schließen, dass bei der Triebwerkproduktion die Konzeptions- und Entwurfsphase mitunter für den erfolgreichen bzw. wirtschaftlichen Fortgang eines Projektes zuständig ist. Insbesondere wäre eine qualitative Konzeption somit ein wichtiger Punkt, um die Produktion eines Triebwerks in Erfolg versprechende Perspektiven zu richten.

Ein vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) genutztes Tool stellt dabei GTlab dar. Allerdings handelt es sich bei GTlab um ein Vorentwurfswerkzeug. Neben dem Triebwerksentwurf findet im GTlab auch die Leistungsberechnung statt, in der Modell- und Messdatenanalysen und zudem Performancechecks mithilfe von Triebwerksdaten für die Flugleistungsberechnung durchgeführt werden (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt o. J.-b).

Big Data-Analysen könnten insbesondere im Punkt der Messdatenanalyse Anwendung finden. Triebwerkhersteller wie General Electric oder Pratt & Withney. könnten mithilfe der gesammelten Daten durch deren EHM-Systeme reale Daten im größtmöglichen Umfang in die Datenbank einbinden und darauf mithilfe von Big Data-Analysen, wie in Kap. 2.3 dargestellt, eine genauere bzw. realitätsnähere Bemessung der Werte gewinnen. Natürlich wäre die nötige Technologie, wie in Kap. 2.2 beschrieben, für die optimale Anwendbarkeit für Big Data-Analysen notwendig. Aus der Beschreibung des DLR geht hervor, dass es sich sehr wahrscheinlich sowohl bei den Triebwerksdaten als auch den Messdaten um strukturierte Datensätze handeln kann. Durch die Hinzunahme unstrukturierter Datensätze, welche durch die Sensoren der Triebwerke erfasst werden, würden tiefgreifende Analysen ermöglicht werden.

Abgesehen von der schnelleren Produktion und den reduzierten Kosten, könnten vorausschauende Analysen durch Big Data in den Entwicklungsprozess eingebunden werden und somit bei entstandenen Fehlern in einem Produktionsschritt den zukünftigen Verlauf der Entwicklung beschreiben.

Auch bei der Konstruktion neuer Flugzeuge, bei deren Entwicklung Flugzeug- und Triebwerkhersteller eng zusammenarbeiten, wird die Entwicklung neuer Triebwerke bevorzugt (NORD/LB 2013, S. 2). Allerdings wäre auch die Modifizierung bereits bestehender Triebwerke möglich. Dies ist allerdings aufgrund der nicht hundertprozentigen Anpassbarkeit an das neue Flugzeug nicht wirtschaftlich (NORD/LB 2013, S. 2). An dieser Stelle könnten detailreichere Computersimulationen, welche mithilfe von Big Data-Analysen ein viel genaueres Bild darstellen, eine potenzielle Möglichkeit bieten, die Modifikation von Triebwerken attraktiver zu gestalten. Durch eine optimierte Modifikation wäre somit mit niedrigeren Kosten und einem schonenderen Ressourcenverbrauch zu rechnen (NORD/LB 2013, S. 2).

Nutzenpotenziale

Durch die Anwendung von Big Data-Analysen und der damit detailreicheren Simulationen könnten eventuell neue Komponentenzusammenstellungen bei Triebwerken erschlossen werden, welche eine wirtschaftlichere Nutzung unterstützen würden. Jedoch bleibt es fraglich, ob nicht auch die aktuellen Performance-Analysen in diesem Punkt das Bestmögliche ausschöpfen.

Potenziale lassen sich bei der Konzeptionierung von Triebwerken finden. Tiefgreifende und schnellere Analysen, wie es durch Big Data der Fall wäre, könnten Produktionszyklen reduzieren und bei detailreicher Simulation die Fehlproduktion weiter minimieren. GTlab, was nicht als Big Data-Technologie bezeichnet werden kann, hat 2009 bereits zu reduzierten Entwicklungszeiten und Kosten geführt (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt o. J.-b). Dies würde auch in Bezug auf Big Data-Analysen, welche im Grunde genommen eine weitere Optimierung darstellen würden, die Vermutung annehmen lassen, dass ebenfalls weitere Kostensenkungen bzw. kürzere Entwicklungszeiten realisierbar sind.

Durch weniger Fehlentwicklungen und reale Tests, die durch ein fehlerhaft konzipiertes Triebwerk durchgeführt werden, entsteht auch ein ökologischer Nutzen. Durch die Simulationen lassen sich somit weniger Schadstoffe produzieren, was mit einer reduzierten Lärmemission einhergeht. Des Weiteren würde eine fehlerfreie Produktion der Triebwerke zudem die Sicherheit steigern, was auch risikoaversen Nutzen darstellt. Nutzenpotenziale von

Airframe-Herstellung

Unter Flugzeugherstellung wird die Produktion und Zusammenführung der unterschiedlichen Komponenten wie Tragflächen, Rumpfwerk, Leitwerke etc. verstanden. Ausgenommen ist die Herstellung der Triebwerke, da diese durch andere Hersteller extern produziert und nachträglich montiert werden. Das somit erstellte Flugzeug ohne Triebwerke wird als „Airframe“ bezeichnet. In der Produktion von großen Verkehrsflugzeugen, die beispielsweise mehr als 100 Sitze zählen, sind Boeing und Airbus die einzigen existierenden Anbieter. Für kleinere Flugzeuge lassen sich Hersteller wie Bombardier, Embrear oder Saab zusammenfassen (Maurer 2007, S. 181).

Grundsätzlich werden bei der Produktion von Airframes vier Punkte berücksichtigt. Diese lassen sich grob in Flugzeugkonzept, Geometrie, Konstruktionskonzepte und Dimensionierung von Baugruppen unterteilen. Das Flugzeugkonzept ist für die Positionierung einzelner Komponenten wie beispielsweise der Tragflächen am Rumpfwerk zuständig. Im Punkt Geometrie werden beispielweise die Flügelpfeilung, also die Ausrichtung der Tragflächen oder die Profilkontur entworfen. Konstruktionskonzepte konzentrieren sich mehr auf die detailliertere Anordnung unterschiedlicher Element auf den Tragflächen. Bei der Dimensionierung werden beispielsweise Querschnittsflächen oder Wandstärken bestimmt (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt o. J.-a).

Beispielhafte Auslegung von Big Data-Analysen bei der Tragflächenproduktion

Beim Entwurf und der Entwicklung von Tragflächen wird der Fokus stark auf die Aerodynamik und die strukturelle Auslegung der Tragflächen gelegt. Dabei wird auf bereits seit Jahren erlangtes Wissen zurückgegriffen. Beispielsweise ist ein hochgradig aerodynamischer Flügel durch eine große Länge gekennzeichnet. Bei der Produktion von Tragflächen werden zudem unterschiedliche Flächengrößen, je nach den Flugzeugmaßen bzw. der Reisegeschwindigkeit oder -höhe, konzipiert (Rossow et al. 2014, S. 173).

In den letzten 50 Jahren konnten Tragflächen durch neue Erkenntnisse und Analysemethoden effizienter gestaltet werden, sodass heutige Flugzeuge um ein Vielfaches verbessert wurden. Auch das Potenzial in zukünftigen Entwicklungen ist durchaus nicht ausgeschöpft und lässt sich laut Horstmann in Technologien wie Laminarflügel, vorgepfeilte Flügel oder der gezielten Nutzung der Flexibilität zur Lastreduzierung finden (Rossow et al. 2014, S. 183).

Hierbei handelt es sich eher um mechanische und physikalische Zusammenhänge, welche eine Steigerung der Effizienz erwarten lassen. Allerdings kann durch die Aufzeichnung mehrerer Daten durch Sensoren an Tragflächen, wie es beispielsweise beim Airbus A380-1000 der Fall sein wird, eine größere Menge an Informationen gewonnen werden,  

die ebenfalls durch Analysen zu neuen Erkenntnissen führen können. Airbus plante 2015 die Implementierung von 10.000 Sensoren je Flügel an seinem Airbus A380-1000. Selbst im Jahr 2015 war der Airbus A380 bereits mit 6.000 Sensoren insgesamt ausgerüstet und erzeugte täglich 2,5 Terrabyte an Daten (Savvas 2013).

In Anbetracht neuer Konzepte in der Tragflächenentwicklung, wie soeben beschrieben, können die erhobenen Daten aus den Sensoren wie dem A380-1000 durch Anwendung von Big Data-Analysen zu tiefblickenderen Erkenntnissen führen. Verkürzte Entwicklungszeiten durch schnellere Analysen oder Nutzung unterschiedlicher Materialien durch bessere Mustererkennungen könnten mögliche Potenziale in der Tragflächenproduktion darstellen.

Des Weiteren könnten, wie es im Machine Learning der Fall ist, neuronale Netze mit in der Vergangenheit gesammelten Daten gefüttert werden, um neue Querverbindungen in der Produktion zu erzeugen. Simulationsverfahren könnten, durch die aufgezeichneten Daten aus den 10.000 Sensoren des A380-1000, besser präzisiert werden. Daraus könnten beispielsweise Windkanäle weniger bei der Entwicklung neuer Tragflächen genutzt und direkt im Computer bis zur Herstellreife korrigiert und angepasst werden.

Für die sogenannte Flatteranalyse werden strukturelle und nicht strukturelle „[…] Massen sowie Massen für unterschiedliche Betankungs- und Beladungsfälle […]“ (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt o. J.-a) herangezogen, um ein Massenmodell darzustellen. Des Weiteren werden realistische Anschlusssteifigkeiten vorgesehen (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt o. J.-a). Auch an dieser Stelle könnten alle durch das AHM, wie in Kap. 3.2.2 dargestellt, gesammelten Daten innerhalb einer Plattform wie in Kap. 2.2 eingebettet werden und mithilfe von Big Data-Analysen tiefgreifende Blicke gewinnen lassen.

Optimierungen könnten damit in Biometrik (Identifikationstechnik) oder laminare Strömung sowie Tragflächenspannweite erzielt werden (Cyient o. J.). Diese stellen wiederum Faktoren dar, die für einen reduzierten Treibstoffverbrauch, reduzierte Betriebskosten und längere Flugstrecken verantwortlich sind. Daraus lässt sich schließen, dass die Aerodynamik des Flugzeuges verbessert wird.  

Nutzenpotenziale

Durch die genannten Anwendungen in der Tragflächenproduktion können, wie bereits beschrieben, Fertigungen zunächst durch detaillierte Computersimulationen analysiert und optimiert werden, bevor diese real produziert werden. Dadurch lassen sich Verbesserungen in der Ressourcenverwaltung als auch in einer kürzeren Produktionszeit finden. Nutzen kann durch die genannten Möglichkeiten durch Big Data-Analysen in der Kostenminimierung, Effizienzsteigerung und Liefer- als auch Entwicklungspünktlichkeit identifiziert werden. Dies würde in diesem Punkt für wirtschaftlichen Nutzen sprechen. Die Anwendung von Big Data-Analysen am bespiel der Tragflächen lässt sich zudem auch auf die weiteren Komponenten eines Airframes übertragen, wie beispielsweise dem Rumpfwerk. Daher ist der genannte Nutzen nicht nur auf die Tragflächenproduktion zu beziehen, sondern allgemein auf die Herstellung von Airframes anzuwenden. Neben dem wirtschaftlichen Nutzen, kann auch ökologischer Nutzen identifiziert werden. Durch eine optimierte Aerodynamik des Flugzeuges würde nämlich der Emissionsausstoß reduziert werden. Die bisherigen genannten Punkte können allerdings schwer auf risikoaversen Nutzen übertragen werden. Zwar ist es vorstellbar, dass eine bessere Aerodynamik den Flug sicher gestaltet, jedoch ist es fraglich, ob das Risiko eines Schadens, tatsächlich dadurch reduziert wird.

Gesamtheitliche Betrachtung

Boeing, einer der beiden größten Hersteller für Flugzeuge, benutzt seit Längerem ebenfalls Big Data-Analysen innerhalb der Produktion. Dabei liegt auch dort der Fokus darauf, weitere Optimierungen mithilfe der Big Data-Technologien zu ermöglichen. Der 2012 produzierte Dreamliner, die Boeing 787, ist mit über 10.000 mit dem Internet verbunden Sensoren, ähnlich dem Airbus A380, besetzt.

Boeing nutzt die gesammelten Daten, um eine optimale Korrelation zwischen Ingenieuren und bestimmten Prozessen zu erlangen. Dabei werden aus der Personalabteilung Daten mit der Lebensdauer und Qualität von Flugzeugen sowie dem Training und der Zusammenstellung des Produktionsteams ausgewertet. Durch die Analyse in dieser komplexen Zusammenstellung kann die Produktion unter anderem verbessert werden. Die Optimierung würde darin liegen, dass die Teams für das Projekt bestmöglich besetzt werden und sich somit die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Abschluss erhöht. Die Gestaltung des Cockpits könnte auf Grundlage von Big Data-Analysen zudem zu neueren Konzepten führen (Savvas 2013).

Die Vorgehensweise, welcher sich Boeing bedient, könnte auch auf die Triebwerkhersteller und deren Konkurrent Airbus übertragen werden. Insbesondere könnten erhebliche Optimierungen bei der Entwicklung und Konzeption neuartiger Flugzeuge realisiert werden. Da in diesem Prozess, wie in Kap. 3.1.1 angesprochen, Flugzeug- und Triebwerkhersteller eng zusammenarbeiten, können bestmögliche Synergien durch eine gemischte Zusammenstellung der Teams erzeugt werden.