Der Begriff Chatbot ist ein künstlicher Begriff und setzt sich aus dem englischen Verb „to chat“, was übersetzt „plaudern“ bedeutet, und dem Wort „bot“ zusammen. Das Wort „bot“ ist dabei eine Ableitung aus dem Wort „Roboter“. Ein solcher Chatbot stellt eine Form des intelligenten Agenten, den Software-Agenten, dar. Braun (2003, S. 19) unterteilt intelligente Agenten in drei Kategorien. Es gibt beispielsweise den menschlichen Agenten, den man im Reisebüro trifft oder den Hardware-Agenten, der z.B. in Form eines Roboters erscheint. Die dritte Form stellt die Software-Agenten dar, zu den auch der Chatbot gehört. Der Chatbot ist demzufolge ein Computerprogramm, meistens in Form einer Konversation oder eines Chatpartners und hat als Aufgabe, mit Kunden in Echtzeit zu kommunizieren, sie zu beraten und eine Unterhaltung mit ihnen zu führen (Christensen 2008, S. 14). Dale (2016, S. 811) setzt das Basismodell eines solchen Chatbots auch mit anderen Formen der Software-Agenten, wie beispielsweise einem Sprachassistenten gleich, welcher sich lediglich durch die auditive Kommunikation mit dem Nutzer unterscheidet. Nachfolgend werden Sprachassistenten deswegen auch als erweiterte Form des Chatbots behandelt. Die Ziele und Definitionen werden außerdem eng mit denen eines Software-Agenten gekoppelt.

Als Software-Agent hat ein solcher Chatbot mehrere Eigenschaften zu besitzen. Zum einen muss er autonom arbeiten und Entscheidungen eigenständig treffen können. Zum anderen muss er proaktiv und initiativ handeln und gleichzeitig auch auf veränderte Umweltzustände reagieren können (Möbus und De Vries 2006, S. 69-70). Mithilfe solcher Fähigkeiten versucht ein Software-Agent einen Menschen zu simulieren (Trogemann 2003, S. 269). Wooldridge (1992, S. 10) definiert Agenten recht pragmatisch als einfache Computersysteme, die in der Lage sind, autonome Handlungen innerhalb einer festgelegten Umgebung durchzuführen, um ihre Designvorgaben zu erfüllen. Maes (1993, S. 136) hingegen definiert einen Agenten detaillierter und beschreibt ihn als System, welches eine Menge von Zielen in einer komplexen, dynamischen Umgebung zu erfüllen versucht. Außerdem befindet sich ein Agent immer in einer Umgebung und spürt die Umgebung durch seine Sensoren und agiert in die Umgebung über Aktuatoren. Jedoch liegt die Schwierigkeit nicht in der Definition des Agenten, sondern vielmehr in den Definitionen der beiden Merkmale „Autonomie“ und „Intelligenz“. Petrie (1996, S. 24-25) kennzeichnet die Definition dieser Merkmale als subjektiv, was von Beginn an zu Problemen führen kann. Der Begriff der Autonomie kann beispielsweise so auslegt werden, dass ein Software-Agent nicht nur auf Fragen antwortet, sondern initiativ selbst die Unterhaltung führt. Außerdem kritisiert Petrie die Tatsache, dass Software- Agenten nicht wirklich intelligent sind, sondern stets darauf programmiert sind, dass sie vorher definierte Aufgaben möglichst gut lösen und Fragen beantworten. Daraus wird ersichtlich, dass der Grad der Autonomie und Intelligenz eines Chatbots entscheidend ist. Vogt unterscheidet dabei zwischen regelbasierten und selbstlernenden Chatbots. Regelbasierte Chatbots greifen auf ein handkodiertes, bestehendes Set aus Fragen und Antworten zurück, um auf Aussagen und Fragen ihrer Nutzer zu reagieren. Diese Funktionsweise ist auch bei den historisch ersten Chatbots, wie ELIZA, PARRY oder Alice der Fall. Selbstlernende Chatbots hingegen lernen anhand von Konversationen mit Menschen selbstständig und wählen so die richtige Reaktion bzw. Antwort auf die Aussage oder Frage des Nutzers. Dies geschieht mithilfe von ML, einem Teilgebiet der KI. Durch ML werden Verknüpfungen und Querverweise hergestellt, um auf unerwartete, vorher nicht-definierte Fragen passende Antworten liefern zu können. Selbstlernende Chatbots werden deswegen mit Kleinkindern verglichen, die gerade durch jede einzelne Unterhaltung schrittweise das Sprechen lernen (Vogt 2016). Genaueres zu KI und ML wird in Kapitel 2.4 erläutert.

Avatare

Ein Chatbot tritt in der Regel ohne optische Erscheinung auf, wie es beispielsweise beim Chatbot ELIZA der Fall ist, der nachfolgend im Kapitel 2.3 genauer behandelt wird. Der Hilfeassistent Karl Klammer (siehe Abb. 2) in Microsoft Office hingegen zeigt einen Chatbot mit einer optischen Erscheinung, die vom Nutzer angepasst werden kann (Christensen 2008, S. 15). Eine solche physische Erscheinung zeichnet sich durch einen Besitzer, einen Körper, Autonomie und verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten aus und wird als Avatar bezeichnet (Möbus und De Vries 2006). Ein solcher Avatar kann durch Gestik, Mimik und Sprache mit dem Nutzer kommunizieren. Dadurch wirkt der Chatbot lebendiger und die Konversation zwischen dem Nutzer und dem Chatbot natürlicher (Angga et al. 2015, S. 326). 

Abbildung 2: Karl Klammer
Quelle: Plöger (2017)

Warum Menschen Chatbots nutzen

Die Hauptaufgabe eines Software-Agenten, in diesem Kontext auch eines Chatbots, ist die produktive Vertretung eines Menschen oder Unternehmen innerhalb eines Unternehmensnetzwerks, im Internet oder auf elektronischen Markplätzen. Dabei verfolgen die Chatbots in der Regel vorgegebene wirtschaftliche Ziele und Strategien und müssen teilweise autonom auch mit anderen Software-Agenten kooperieren, ohne bei jeder Kommunikation den menschlichen Besitzer anzufragen. Dazu gehört beispielsweise schon die Abfrage von bestimmten Informationen mithilfe verschiedener Datenbanken. In diesem Kontext können weitere, spezielle Software-Agenten entstehen, deren Aufgabe es ist beispielsweise aufbereitete Informationen über Wettbewerber zu sammeln und anzubieten. Unabhängig von der Art verfolgt jeder Chatbot in der Regel die vorgegebenen Ziele seines menschlichen Besitzers und verfolgt dessen Nutzenerhöhung, beispielsweise in Form von Kosten- oder Zeitersparnis (Eymann 2003, S. 26).

Allerdings zeigt die Praxis, dass ein Chatbot nicht unbedingt immer einen Nutzen haben muss. Eine Studie hat sich deswegen konkret mit den Gründen, warum Chatbots genutzt werden beschäftigt. Dazu wurden 146 Nutzer im Alter von 16 bis 55 aus den USA befragt. 68 Prozent der Befragten gaben an, dass die Produktivität von Chatbots der Hauptgrund für den Einsatz sei. Dies geschieht teilweise durch die Leichtigkeit, Schnelligkeit und die einfache Nutzung von Chatbots. Außerdem stellen Chatbots für diese Nutzer Hilfe und Zugang zu wichtigen Informationen dar. Mithilfe eines Chatbots können die Nutzer beispielsweise, schneller Antworten erhalten. Außerdem kann der Chatbot, im Gegensatz zu einer Kundenhotline beispielsweise, grundlegende Fragen, ohne lange Wartezeiten beantworten, welches zu großen Zeitersparnissen führt (Brandtzaeg und Følstad 2017, S. 38-40). Einige Befragte antworteten auch, dass sie sich manchmal eingeschüchtert fühlen, wenn Sie einer realen Person wichtige Fragen stellen. Diesen Befragten fällt es leichter, in solchen Fällen mit einem Chatbot, anstelle einer realen Person zu kommunizieren (Brandtzaeg und Følstad 2017, S. 40).

Im Gegensatz zur Theorie, zeigt die Studie jedoch, dass 20 Prozent der Nutzer Chatbots auch zu Unterhaltungszwecken nutzen. Sie schreiben mit Chatbots, weil ihnen langweilig ist, sie mit jemandem reden oder schlicht Zeit verschwenden möchten. Dieser Aspekt geht bei einigen Befragten mit der Produktivität einher. Sie nutzen Chatbots, um ihre Produktivität auf eine unterhaltsame, spannendere Art und Weise zu steigern (Brandtzaeg und Følstad 2017, S. 39). Interessant ist, dass 12 Prozent der Befragten sagen, dass sie Chatbots nutzen, um soziale Interaktionen zu erleben. Ein Grund dafür kann das Gefühl von Einsamkeit oder das Verlangen nach Sozialisation sein. Auch finden wenig Befragte, dass Chatbots genutzt werden können, um Sprachkenntnisse auszubauen. Außerdem ist es einladend für den Nutzer, dass man meistens keine zusätzliche App herunterladen muss, um mit dem Chatbot zu kommunizieren (Følstad und Brandtzæg 2017, S. 38-40).

Diese Ergebnisse könnten Hinweise darauf geben, in welche Richtung sich das Forschungsfeld der Mensch-Computer-Interaktion bewegen kann. Es könnte möglich sein, dass nicht nur die natursprachliche Kommunikation im Allgemeinen, sondern auch die Sprachweise selbst eine immer größer werdende Rolle spielen wird. Damit ist gemeint, dass Chatbots nicht nur produktiv, sondern auch unterhaltsam, feinfühlig oder interessiert auf den Nutzer eingehen müssen. Die Studie zeigt, dass eine solche Kombination notwendig ist, damit die Chatbots von Nutzern akzeptiert werden. Das zeigt, dass die Beziehung zwischen einem Menschen und einem Chatbot anders sein kann als zwischen einem Menschen und einem herkömmlichen Werkzeug, wie beispielsweise einem Geschirrspüler oder einem Kühlschrank. Möglicherweise müssen daher Chatbots eher wie eine Werkzeug, aber gleichzeitig auch wie ein Spielzeug und ein Freund gestaltet werden. Vor allem für die Entwicklung von zukünftigen KI-gestützten Chatbots könnte dieses Kriterium wichtig sein und eine große Herausforderung darstellen (Brandtzaeg und Følstad 2017, S. 14-15). Genaueres zur Kundenakzeptanz von Chatbots wird in Kapitel 4.2.1 erläutert.