Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den Chancen und Herausforderungen bei dem Einsatz von Chatbots. Ergänzend dazu werden konkrete Chatbots aus der Praxis innerhalb verschiedener Branchen untersucht, um ergänzend branchenspezifische Chancen und Herausforderung zu zeigen.

Durch die Nutzung von Chatbots ergeben sich für Kunden und Unternehmen viele Chancen und Möglichkeiten. Während neue Technologien, bedingt durch das Alter, den sozialen Status und dem Geschlecht, meistens nur von einer bestimmten Gesellschaftsgruppe angenommen werden, besitzen Chatbots das Potenzial, als integrative Technologie für den Großteil der Gesellschaft zu dienen. Eine gut gestaltete, natürlichsprachliche Benutzeroberfläche kann auch die Nutzung für Menschen mit wenig technischen Kenntnissen ermöglichen und schafft so Vorteile für Kunden und Unternehmen (Følstad und Brandtzæg 2017, S. 41). Die große Möglichkeit, die sich hier ergibt ist die schon auf vielen Smartphones vorhandene Verfügbarkeit von Social-Media- und Messenger- Plattformen, die Chatbots unterstützen. Die Messaging-Schnittstelle stellt praktisch eine reibungslose, größtenteils schon vorhandene Schnittstelle dar. Dadurch ist es für den Kunden nicht notwendig, eine zusätzliche App zu installieren, um beispielsweise eine Pizza zu bestellen oder einen anderen Chatbot-Service zu nutzen. Der Bestellvorgang stellt vielmehr eine von vielen Konversationen dar, die der Kunde am Handy führt und fügt sich so nahtlos in die alltäglichen Tätigkeiten des Kunden ein (Dale 2016, S. 815). Chatbots bilden eine Alternative zur grafischen Benutzeroberfläche. Gerade in der jetzigen Zeit kann ein Chatbot Kunden anlocken, da Smartphone-Nutzer aktuell von vielen, nicht notwendigen Apps überhäuft werden und Schwierigkeiten haben, im Appstore relevante Apps zu finden (Van Doorn und Duivestein 2016, S. 12-13). Während die generelle Nutzung von Apps wie Whatsapp, Facebook oder LinkedIn den Tagesablauf eines Nutzers zunehmend beeinflusst und stört, könnten autonome, intelligente Bots den Nutzern mehr Freiheit verschaffen. Chatbots könnten nämlich dazu genutzt werden, um beispielsweise Informationsfluten zu filtern oder automatisch zu beantworten. Der Chatbot x.ai zeigt, dass schon mit hoher Qualität Terminkalender und terminbezogene EMails gemanagt werden können. Außerdem stehen Chatbots den Kunden jederzeit zur Verfügung und können permanent im Sinne des Konsumenten agieren, ihm passende Informationen bereitstellen, günstige Produktangebote aufzeigen, vor bestimmten Problemen warnen und dadurch insgesamt für ein besseres Nutzererlebnis sorgen (Gentsch 2017, S. 104). Vor allem im E-Commerce entstehen für Unternehmen neue Möglichkeiten. Unternehmen können zum Teil Chatbots als Inbound-Touchpoint einsetzen, um Fragen zu verschiedenen Produkten, Unternehmen oder Aktionen automatisch zu beantworten. Sie können auch fürs Outbound-Marketing genutzt werden, um aktiv auf Kunden zuzugehen und mit ihnen nach definierten Regeln zu kommunizieren. Chatbots können beispielsweise das sog. Lead Nurturing verbessern und potenzielle Kunden zum richtigen Zeitpunkt mit relevanten Informationen ansprechen, um sie zum Kauf eines bestimmten Produkts anzuregen. In Kombination mit ML können Unternehmen auch Engagement-Bots einführen, die als Markt- oder Markenbotschafter mit Usern interagieren können, wie es Microsofts Chatbot Tay getan hat. Da im E-Commerce Kundenbefragung zu bestimmten Produkten oft eine große Rolle in Bezug auf das Qualitätsmanagement spielen, könnten in Zukunft auch sog. Pollbots nützlich werden, die automatisiert Kunden befragen und sich so Feedback einholen (Gentsch 2017, S. 105). Vor allem im Kontext des Lead Nurturing spielen Feedback, Informationen darüber, weshalb ein Produkt gekauft wurde und generell die Kunden- und Dialoganalyse eine wichtige Rolle. In Kombination mit anderen Trends wie dem Lifelogging kann hier ein Synergieeffekt entstehen. Als Lifelogging bezeichnet man das Aufzeichnen und Analysieren verschiedener Situationen aus dem Alltag. Dazu zählen etwa das konsumierte Essen, die Luftqualität, der Gemütszustand, Blutsauerstoffwerte sowie die mentale und physische Leistung. Meistens wird der Zugang zu solchen Informationen durch Sensoren beispielsweise in Fitness-Trackern ermöglicht, die diese Informationen aufzeichnen und mit dem Smartphone synchronisieren. Zusammen mit diesem Trend, dem Einsatz von Chatbots und der Auswertung dieser Dialoge wäre es in Kombination mit Data Science theoretisch möglich, Kundeninteraktionen weiter zu personalisieren und so die Bedürfnisse des Konsumenten noch besser vorherzusehen (Gentsch 2017S. 106).

Chatbots können in Zukunft auch als eine Art persönlicher Butler für den Kunden dienen. In Zukunft könnten Chatbots sogar theoretisch am Arbeitsplatz als eine Art virtueller Mitarbeiter helfen (Van Doorn und Duivestein 2016, S. 9). Die menschenähnliche Konversation, ein guter und schneller Service können zu einer besseren Präsenz der Marke und damit auch zu einer engeren Kundenbindung führen. Auch die Zufriedenheit des Kunden und der Ruf eines Unternehmens kann sich dadurch signifikant steigern. Außerdem erhalten Unternehmen mehr Einblick in die Wünsche und Bedürfnisse ihrer Kunden (Gentsch 2017, S. 109). Durch das schnelle Antworten und personalisierte Filtern mithilfe von Chatbots kann sich die Benutzerfreundlichkeit und Bequemlichkeit ebenfalls erhöhen. Auch wenn einige Service-Fälle menschliche Intelligenz und Empathievermögen benötigen, gibt es eine Vielzahl, die sich durch den Einsatz von Chatbots automatisieren lassen. Wichtig ist es, dem Kunden eine effiziente und standardisierte Kommunikation zu bieten, um Effizienz zu erreichen. Dies kann auch ohne den Einsatz von ML erreicht werden, solange dem Kunden klare Antwort-Optionen vorgegeben werden. Ein solches Prinzip nutzt der Chatbot von Skyscanner, der im Laufe der Arbeit genauer betrachtet wird. Die Praxis zeigt, dass solche Dialoge deutlich schneller zum Ziel kommen. Aber auch intelligente Chatbots sollten laut Microsoft überwacht werden. Im Kundenservice wird beispielsweise empfohlen, einen menschlichen Partner einzusetzen, falls der Bot nicht weiterkommt, damit der Kunde nicht frustriert wird (Gentsch 2017, S. 148).

Das aktuelle Zeitalter ist nicht nur durch die sehr dynamische Weiterentwicklung von Chatbots und Chatbotfunktionen geprägt, sondern zeichnet sich auch dadurch aus, dass die Entwicklung eines eigenen Chatbots mit einer eingebundenen KI durch Plattformen wie Facebook, Telegram, Dialogflow oder Wit.ai für viele Unternehmen sehr erleichtert wird und keine großen Vorkenntnisse im Bereich der KI benötigen. Gerade diese sinkende Markteintrittsbarriere, die steigende Popularität von Messenger-Diensten sowie die Entwicklung im Bereich der KI, die maßgeblich für das Natural Language Processing verantwortlich ist und eine menschenähnliche Konversation ermöglicht, zeigen das große Potenzial von Chatbots. Die Spracherfassung nimmt beispielsweise dank des NLP jährlich um 20 Prozent an Leistung zu und ist mittlerweile in über 90 Prozent der gesprochenen und getippten Sprachen möglich. Ein Blick auf den chinesischen Markt zeigt, dass die älteste Implementierung von Chatbots durch WeChat sehr erfolgreich ist und viele Situationen im Leben vereinfachen kann. So können chinesische Kunden per Chatbot Taxis rufen, Essen bestellen, Kinokarten kaufen, Arzttermine buchen, Rechnungen bezahlen oder das tägliche Fitnessprogramm aufzeichnen. Ermöglicht wird dies unter anderem durch Features wie WeChat Pay, chatbasierte Transaktionen, Medien und interaktive Widgets (Gentsch 2017, S. 106). Zudem wird auch eine ausgiebige Kooperation von verschiedenen Unternehmen und Behörden vorausgesetzt, um beispielsweise die Bezahlung im öffentlichen Personennahverkehr zu ermöglichen. Chinesische Unternehmen können jetzt schon per Chatbot wichtige Informationen verbreiten, Services anbieten und mit Kunden in Kontakt treten. Mithilfe von WeChat Pay können chinesische Kunden in sehr vielen Alltagssituationen bequem und schnell bezahlen. Unternehmen können auf vielzählige Analysemöglichkeiten zurückgreifen und dadurch ihre Marketingstrategien verbessern (siehe Kapitel 3.2.1). Auch wenn WeChat sich aus verschiedenen Gründen wahrscheinlich nicht auf dem europäischen Markt durchsetzen wird, können diese Möglichkeiten Aussichten darüber geben, was zukünftig in Deutschland und Europa mit anderen Chatbot-Plattformen möglich werden könnte. Ein früher Einstieg und die gründliche Analyse solcher Möglichkeiten kann wichtige Wettbewerbsvorteile bringen (Liu 2018, S. 235-236). Es ist in jedem Falle ratsam, sich mit der Entwicklung der Technologie auseinanderzusetzen und die Verwendung von Chatbots genau zu beobachten, da die technischen Möglichkeiten und die Kosten für die Entwicklung von Chatbots sich schnell verändern können. Eine einmal getroffene Entscheidung für oder gegen Chatbots kann sich schnell als überholt herausstellen und sollte nicht als endgültig betrachtet werden (Schacker und Fuchs 2018, S. 16).

Das Beispiel Facebook zeigt, was für Möglichkeiten Unternehmen jetzt schon haben, um Chatbots einzubinden. So können Unternehmen nicht nur Textnachrichten und Bilder versenden, sondern auch Teile ihrer Unternehmensseite direkt in den Chatbot implementieren, wodurch sich ein neuer Vertriebsweg entwickeln kann. Ähnlich wie bei WeChat können die Nutzer Chatbots abonnieren und so z.B. über neue Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens informiert werden. Auch können einige Chatbots die Nutzer aktiv beraten, was beispielsweise momentan H&M mit seinem Chatbot tut. Facebook bietet Unternehmen viele Möglichkeiten, um den Beliebtheitsgrad des eigenen Chatbots zu erhöhen, beispielsweise durch Werbung. Mithilfe verschiedener APIs und einer hinterlegten Telefonnummer können auch Kunden der Unternehmensseite auf Facebook identifiziert und angeschrieben werden. Auch arbeitet Facebook in Kooperation mit Paypal an einer Zahlungsmöglichkeit, die in Zukunft das Fundament für viele Dienste werden kann. Zusätzlich können Nutzer im Facebook Messenger sich mithilfe webbasierter Anmeldevorgänge authentifizieren und so weitere Funktionen in Anspruch nehmen, ohne dabei die Sicherheit zu gefährden. Unternehmen werden auch viele Möglichkeiten zur Analyse demographischer Daten gegeben, um so Kundenverhalten zu analysieren und Produkte besser zu platzieren. Es ist zudem eine problemlose Anbindung verschiedener Machine Learning-Plattformen möglich. Die geschlossene Betaphase der AR-Kameraeffekte und die große Anzahl an Open-Source-Projekten im Bereich der KI geben einen Ausblick darauf, wie sehr Facebook an neuen Funktionen und Innovationen arbeitet und versucht das NLP voranzutreiben (siehe Kapitel 3.2).

Auch im Bereich der Mensch-Computer-Interaktion ergeben sich durch die Nutzung von Chatbots vielseitige Analysemöglichkeiten. Bisher war ein ausreichender Zugang zu Benutzern und Daten für die Auswertung von Daten sehr oft ein Problem in der Praxis. Bei der Auswertung von Chatbotdialogen können Forscher auf riesige Mengen von Benutzerdaten zugreifen. Durch die Nutzung von Chatbots wird sich die Nutzerinteraktion vom Anklicken von Links oder Schaltflächen in Zukunft auf das Führen von natürlichsprachlichen Konversationen verschieben. Aus Ersterem ist es schwierig, wirkliche Absichten des Nutzers herauszufinden, was wiederum bei der Analyse von Dialogverläufen wesentlich leichter ist. Das Potenzial ist hier sehr groß, allerdings wird auch eine ausgiebige Auseinandersetzung mit neuen Themen wie Datenanalyse, Ethik und Datenschutz vorausgesetzt (Følstad und Brandtzæg 2017, S. 42).

Unter Einbezug der Möglichkeiten in WeChat und der Tatsache, dass chinesische Bürger jetzt schon ihren vollständigen Namen zur Registrierung nutzen müssen, ist es laut Willy Shih, einem Professor an der Harvard University in Cambridge, vorstellbar, dass in Zukunft der Nutzeraccount auch als Personalausweis dienen kann. Dadurch könnten Nutzer selbst behördliche Angelegenheiten mithilfe eines Chatbots klären. Diese Möglichkeit soll nur zeigen, in welche Richtung es gehen kann, unbeachtet der damit verbundenen Risiken bezüglich Sicherheit und Datenschutz (Liao 2018).

Chancen in der Telekommunikationsbranche (Kundenservice)

Vor allem im Kundenservice ergeben sich neue Möglichkeiten durch den Einsatz intelligenter Chatbots. Aktuell ist es für große Unternehmen sehr wichtig, nicht nur auf einem Kanal zu kommunizieren, sondern omnipräsent zu sein. Dazu zählt auch die Möglichkeit, dass Kunden den Kundenservice zu jeder Uhrzeit, von überall mithilfe des Smartphones kontaktieren können. Das hat zur Folge, dass der Kundenservice am Telefon oder in der Filiale, der oft mit einem sehr großen Zeitaufwand verbunden ist, erweitert wird (Franke und Schulz 2016, S. 92-93). Dabei steigert sich der Anspruch an eine gute Omnichannel- Strategie ständig und die Kunden legen mehr Wert auf einen Kundenservice, der ortsund zeitunabhängig funktioniert. Gute Erreichbarkeit und hohe Fachkompetenzen im Call Center sind, ähnlich wie gute Kundenbewertungen auf Amazon, ein wichtiges Kaufkriterium und sprechen sich oft auf Social-Media-Plattformen rum. Aus diesem Grund haben sich Smartphones zum Dreh- und Angelpunkt der Kommunikation mit Unternehmen entwickelt (Henn 2016, S. 6). An dieser Stelle ergeben sich große Möglichkeiten durch den Einsatz von Chatbots. So können beispielsweise schon relativ simple Services, wie das Beantworten von FAQs mithilfe von Chatbots abgebildet werden (Henn 2016, S. 23-24). Eine Umfrage in Deutschland zeigt, dass 68,2 Prozent der Befragten Chatbots schon mal im Kundenservice genutzt haben (LivePerson 2017b). Die Servicequalität selbst kann gemäß dem SERVQUAL-Verfahren mittels Kriterien wie Verlässlichkeit, Reaktionsfähigkeit, Kompetenz, Höflichkeit, Einfühlungsvermögen und Kundenfreundlichkeit gemessen werden (Parasuraman et al. 1988, S. 29-30). Um gute Werte im Bereich Verlässlichkeit, Kompetenz und Höflichkeit zu erzielen, müssen Chatbots folgenden Design- Standards folgen (Schacker und Fuchs 2018, S. 9-10):

1. Zum einen muss der Chatbot in der Lage sein mithilfe von NLP natürliche Spracheingaben zu verarbeiten und auch ins Unternehmen integriert sein, sodass Nutzer ihre Service-Anfragen auf eine natürliche Art und Weise kommunizieren können und qualitativ hochwertige Antworten erhalten.

2. Außerdem sollten Chatbots Nachrichten mit situationsabhängiger Länge und Segmentierung senden können, sodass die Nutzer die richtige Menge an Informationen erhalten.

3. Chatbots sollten verständliche und flexible Konversationspfade nutzen, um ein spezifisches Ziel zu erreichen und sie mit effektiven Strategien zur Klarifikation, Bestätigung und Fehlerbehandlung nutzen, sodass der Nutzer sein Ziel trotz möglicher Missverständnisse erreichen kann.

4. Chatbots sollten mit sozialer Intelligenz ausgestattet sein, die es ihnen erlaubt, kontextspezifisch zu agieren und Fähigkeiten weder übertrieben noch untertrieben darzustellen, sodass Nutzer verstehen, was sie ihnen erwarten können.

Der DSL- und Mobilfunkanbieter Vodafone startete 2018 seinen Kundenservice-Chatbot TOBi und zeigt, in welche Richtung der Kundenservice sich bewegen kann. Dabei nutzt Vodafone als einer der ersten Telekommunikationsanbieter in Europa neben der Kommunikation per SMS und Alexa den Apple Business Chat. Der Apple Business Chat ist eine Möglichkeit für Unternehmen, den Kundenkontakt mit Apple-Nutzern über die Apple-eigene Nachrichten-App zu schaffen (Apple 2018a). TOBi steht Privat- ,Geschäftssowie potenziellen Kunden zur Verfügung und ermöglicht es ihnen, per Chatbot mit dem Vodafone Kundenservice in Kontakt zu treten. Laut Vodafone hat sich durch den Einsatz von TOBi die Customer Experience deutlich gesteigert und sich eine wichtige Alternative ergeben, mit dem Kundenservice in Kontakt zu treten. Kunden können mittels TOBi verschiedene Anliegen klären. Im folgenden Beispiel sieht man, wie der Kunde den Bestellstatus seines neuen Smartphones erfragt (Vogt 2018).

Abbildung 14: Chatbot TOBi von Vodafone
Quelle: Vogt (2018)

Vodafone zufolge kann TOBi Anliegen thematisch einordnen, lösen oder an den richtigen Ansprechpartner weiterleiten. TOBi lernt dabei dank der integrierten KI täglich dazu und löst rund 12 Prozent aller Kundenanliegen selbstständig. Ermöglicht wird dies durch die Anbindung von IBM Watson. Um Frustrationen zu verhindern, springt ein menschlicher Mitarbeiter ein, sobald TOBi merkt, dass er dem Kunden nicht weiterhelfen kann. Ein weiterer, großer Mehrwert, der sich dem Kunden ergibt, ist die Möglichkeit des asynchronen Messagings, bei der der Kunde, wie gewohnt bei Chatbots, entscheiden kann, wann er antwortet und nicht wie bei einer Kundenhotline mindestens einen bestimmten Zeitraum einkalkulieren muss. Falls die schriftliche Kommunikation zu komplex wird, ruft der menschliche Mitarbeiter persönlich an, um das Anliegen zu klären, wodurch man sich die herkömmliche Warteschleife in der Telefon-Hotline sparen kann. Dies ist laut Vodafone aber nur in zwei bis drei Prozent die Fälle notwendig (Baumann 2018). Generell kann man sagen, dass der Einsatz eines Chatbots im Kundendienst positive Nebeneffekte mit sich bringen kann. Wenn das Unternehmen zeigt, dass es offen für neue Technologien ist und diese auch selbst einsetzt, kann das Images des Unternehmens verbessert werden. Außerdem können möglicherweise Lernerfahrungen, die durch die Implementierung und Nutzung des Chatbots gesammelt werden, in anderen Bereichen des Unternehmens genutzt werden (Schacker und Fuchs 2018, S. 16).

Chancen in der Textilbranche

Auch in der Textilindustrie wurden Chatbots eingeführt. Eine Umfrage aus dem Jahr 2018 in Deutschland zeigt nämlich, dass 70 Prozent der Befragten es für sinnvoll halten, Chatbots zur Unterstützung bei Bestellprozessen zu nutzen. 49 Prozent würden sie zur Produktberatung und 29 Prozent zur Stilberatung nutzen (idealo 2018b). Auch eine Studie aus dem Jahr 2013 zeigt, dass jedem Dritten beim Online-Shopping die Beratung fehlt (Absatzwirtschaft 2013). So hat das schwedische multinationale Bekleidungshandelsunternehmen H&M einen Chatbot für den Messenger Kik eingeführt, der als persönlicher Shoppingassistent fungiert und dem Nutzer dabei hilft ein Outfit zusammenzustellen. Der Chatbot stellt dabei eine Alternative zum möglicherweise zeitintensiven oder erfolglosen Durchstöbern des Onlineshop-Sortiments dar. Er stellt dem Nutzer dazu bestimmte Fragen, um seinen Stil zu identifizieren. Auf dem unteren Bild erkennt man, dass der Chatbot beispielsweise mehrere Outfits vorgibt und der Nutzer dann seine Präferenz nennen muss. Am Ende hat der Nutzer die Möglichkeit, die Artikel im Online- Shop zu kaufen oder sie mit seinen Freunden zu betrachten. Ein direktes Kaufen in der Konversation ist noch nicht möglich, allerdings könnte dies in Zukunft durch die Implementierung eines Bezahlsystems ermöglicht werden. Auch die Integration von Sensoren und neuen disruptiven Technologien könnten dem Nutzer die Konversation vereinfachen. Beispielsweise könnte eine Emotionserkennung via Webcam oder die Verarbeitung der Augenbewegung in Echtzeit es ermöglichen, den aktuellen Kontext der Nutzer sowie deren kognitiven und emotionalen Zustand festzustellen. Dadurch könnte der Chatbot den Nutzer gezielt unterstützen und beispielsweise schon anhand der Mimiken Entscheidungen des Nutzers erkennen(Morana et al. 2017, S. 46).

Abbildung 15 H&M Chatbot im Kik Messenger
Quelle: Chatbotguide (2016)

Chancen in der Tourismusbranche

Eine weitere Umfrage in Deutschland aus dem Jahr 2017 zeigt, dass 44 Prozent der Befragten einen Chatbot nutzen würden, um einen Flug zu buchen. 27 Prozent beantworteten diese Frage mit „Vielleicht“ (LivePerson 2017c). Das zeigt, dass auch in der Tourismusbranche die Möglichkeit besteht, durch den Einsatz von Chatbots Kunden die Buchung eines Fluges zu vereinfachen. Es gibt bereits viele Chatbots, die den Kunden bei der Reiseplanung unterstützen. Zu ihnen zählen beispielsweise die Chatbots der Reisesuchmaschinen Kayak, Expedia und Skyscanner. Der Expedia-Chatbot kann beispielsweise dem Kunden bei Hotelreservierungen helfen. Wenn ein Kunde sich auf eine Reise vorbereitet, kann der Chatbot z.B. aktuelle Informationen über den Reiseort zur Verfügung stellen. Ein solcher Chatbot kann auch bei der Aufbewahrung benötigter Dokumente, wie z.B. Bordkarten helfen (Jylkäs et al. 2018, S. 1440).

Die Reisesuchmaschine Skyscanner veröffentliche 2015 seinen ersten Chatbot auf Telegram, der damals schon wenige natürliche Sprachbefehle erkennen konnte. 2016 veröffentliche Skyscanner einen Sprachsuche-Skill für Alexa, um Nutzern die Möglichkeit zu geben, Flugdetails und Preise zu erfragen. Außerdem wurden 2016 auch die jeweiligen Chatbots auf Skype und Facebook veröffentlicht. Auch wenn der Telegram Chatbot kurz nach der Veröffentlichung noch in den Kinderschuhen steckte, haben die Erfahrungen und Kenntnisse aus dem Nutzerverhalten eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Chatbots auf Facebook und Skype gespielt. So kann der Facebook-Chatbot laut Skyscanner typisch menschliche Aussage wie „Ich bin mir unsicher.“ richtig einordnen und entsprechend darauf reagieren. Der Chatbot auf Skype ist der erste Chatbot, der Interaktionen in einer Gruppe erlaubt. Nutzer können den Skyscanner Chatbot einem Gruppenchat hinzufügen und auf natürliche Weise mit ihm interagieren. Der Chatbot sucht daraufhin für den Nutzer nach Flügen und retourniert direkt innerhalb der Konversation aktuelle Preise und Routenoptionen sowie verfügbare Top-Deals für die jeweilige Strecke. Dabei nutzt der Chatbot stets anklickbare Buttons oder Links, die die Nutzer anklicken können. Außerdem kann der Chatbot Reisetipps bereitstellen und bietet somit einen Mehrwert, der in der Form auf den wenigsten Reisesuchmaschinenseiten verfügbar ist. Laut Skyscanner wird vor allem die Einbindung in einen Gruppenchat geschätzt, da sie einen hohen Grad an Zusammenarbeit beim Buchen eines Trips mit Freunden oder Familienmitgliedern ermöglicht. Daraus kann sich ein großer Mehrwert für den Nutzer bilden, der vorher in der Form eventuell nicht vorhanden war. Das Beispiel von Skyscanner zeigt, wie wichtig es sein kann, schon frühzeitig Innovationen zu erforschen und Erfahrungen zu sammeln, um später einen Wettbewerbsvorteil zu besitzen (Skyscanner 2017).

Abbildung 16: Skyscanner Chatbot im Gruppenchat
Quelle: Luczak-Rougeaux (2016)

Ein anderes Beispiel ist der Chatbot Oscar, der laut Air New Zealand seinen Kunden bei mehr als 450 Aufgaben helfen kann. Dazu zählen u.a. das Versenden von Buchungsinformationen, Tätigen oder Ändern einer Flugbuchung, Bestätigen von Flugsitzen oder Speisen und weitere Dienstleistungen. Es werden täglich laut Air New Zealand ca. 1500 Gespräche mit Oscar geführt, von denen 73 Prozent zu einem Ergebnis führen. Außer dem wirbt das Unternehmen damit, dass Oscar durch den Einsatz von KI mit jeder Konversation dazulernt, eine eigene Persönlichkeit besitzt und beispielsweise auch Witze schreiben kann. Oscar ist derzeit auf der Unternehmensseite und der mobilen App von Air New Zealand nutzbar. Der Kunde authentifiziert sich, indem er sich in sein Konto einloggt (Air New Zealand 2018). Facebook hat allerdings gezeigt, dass durch die Nutzung verschiedener APIs diese Authentifizierung auch im Facebook Messenger realisierbar wäre. Theoretisch wäre also auch die Einbindung Oscars in den Facebook Messenger möglich. Dadurch könnte man die potenzielle Nutzeranzahl deutlich erhöhen und eine Nutzung des Chatbots ermöglichen, ohne dass die Nutzer eine App installieren oder die Unternehmenswebseite aufrufen müssten. Auch die Implementierung eines Bezahlungsdienstes auf Facebook könnte an dieser Stelle weitere Möglichkeiten schaffen.