Der englische Begriff „Forecast“ kann mit den deutschen Substantiven Prognose, Voraussage oder Vorhersage übersetzt werden.22 Diese werden im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch synonym verwendet und bezeichnen Aussagen, die Entwicklungen und Ereignisse der Zukunft betreffen. Da für den englischen Terminus präzise Definitionen existieren und dieser in der internationalen Literatur breite Verwendung findet, wird im Rahmen dieser Arbeit auf eine Übersetzung verzichtet.

So nimmt Bauer eine semantische Abgrenzung zwischen den Begriffen „Prediction“ und „Forecast“ vor:

Prediction: “a specific estimate of the expected value of a key variable at a future point in time.”

 Forecast: “an estimate of the probabilities of the possibilities for a key variable at a future point in time.”

Dieser Unterscheidung wird im Rahmen dieser Arbeit gefolgt. Es sollen folglich Modelle diskutiert werden, die eine Abschätzung der Wahrscheinlichkeitsverteilung von der Zielvariable zu bestimmten zukünftigen Zeitpunkten ermöglichen. Die Vorhersagbarkeit eines Sachverhaltes bzw. einer Zielvariable ist unter anderem von folgenden Aspekten abhängig:

1.) Wie gut sind die Faktoren ergründet, die zu bestimmten Ausprägungen der Zielvariable beitragen? Gibt es eine fundierte Theorie zur Erklärung des Sachverhaltes?

2.) Wie viele historische Daten sind verfügbar?

3.) Beeinflusst die Vorhersage selbst den zu prognostizierenden Sachverhalt ?

Sind keine historische Daten verfügbar, so muss zwangsläufig auf qualitative Methoden (Expertenbefragung, Analogieschlüsse etc.) zurückgegriffen werden. Bei diesen beeinflussen menschliche Werturteile die Prognose, was zu folgenden Verzerrungen der Vorhersage führen kann:

– Verzerrung durch begrenzte kognitive Fähigkeiten (z.B. begrenztes Gedächtnis der Forecaster und stärkere Gewichtung der näheren Vergangenheit)

– Abhängigkeit der Vorhersage vom Gefühlszustand der Forecaster (z.B. Gruppenenthusiasmus)

– Weitere psychologische Effekte (z.B. der „Anchoring-Effekt“)

Durch Anwendung systematischer Verfahrensweisen, wie z.B. der Delphi Methode27, können diese Verzerrungen gemindert werden. Nach Hyndman und Athanasopoulos sollten statistische Methoden jedoch stets eingesetzt werden, wenn hinreichend viele Daten zur Verfügung stehen.28 Im vorliegenden Fallbeispiel der Grünenthal GmbH sind umfangreiche historische Daten vorhanden. Der Fokus der Ausführungen wird daher auf statistische Prognosemodelle gelegt. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden die theoretischen Grundlagen dreier Modellklassen vorgestellt, die in Kapitel 4 auf das Fallbeispiel angewendet und verglichen werden.