Im Rahmen der Digitalisierung ist der Einsatz von Big Data Lösungen in der Handelsbranche am stärksten zu beobachten. Der Händler findet in diesem Bereich den größten Teil der Wertschöpfung wieder. Der Einsatz moderner Big Data Technologien erlaubt es, Integrationen von Datenmengen zu Warenbewegungen, Kundenverhalten, Abverkäufen  und Produkt-Lebenszyklen aller Vertriebskanäle in Echtzeit im Handelsunternehmen vorzunehmen. Diese Integration von Daten ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erfolgreiche Umsetzung von Multi-Channel-Commerce mit dem Vorteil die Absatzkanäle wechseln zu können (Scheer, 2017, S. 55).

 Handelsunternehmen sind vor allem dann erfolgreich, wenn es ihnen gelingt verschiedene Datenquellen zu integrieren und somit ihren Kunden individuelle zugeschnittene Service und Angebote anzubieten. In diesem Zusammenhang ermöglicht Big Data Wettbewerbsvorteile (Thomas Rudolph & Linzmajer, 2014, S. 12). Durch das gezielte Nutzen der Analysen aller aktuellen Kundeninformationen, können individuelle Produktempfehlungen und personalisierte Angebote gestaltet werden, die ein deutlichen Mehrabsatz erbringen. Hier ergeben sich wesentliche Potenziale für eine effektivere Preisgestaltung (Spang, 2017, S. 162).

 Unternehmen müssen in der Lage sein, geschäftliche Probleme aus einer Datenperspektive zu betrachten. Das datenanalytische Denken hat eine grundlegende Struktur und Grundprinzipien, die verstanden werden sollten. Methoden zur Visualisierung von Daten, sind für die Datenwissenschaft von grundlegender Bedeutung. Die Fähigkeit, datenanalytisch zu denken, ist für die gesamte Organisation enorm wichtig. Zum Beispiel können Manager und leitende Angestellte in anderen Funktionsbereichen die datenwissenschaftlichen Ressourcen des Unternehmens nur dann optimal nutzen, wenn sie über ein grundlegendes Verständnis der Grundprinzipien verfügen (Provost & Fawcett, 2013, S. 52ff.). „Intelligente und fundierte Big-Data-Anwendungen können neue Produkte, Services und Präsentationsformen im Handel hervorbringen. Aber sie werden gerade im Auswertungs- und Interpretationszusammenhang nicht den menschlichen Verstand ersetzen.“ (Thomas Rudolph & Linzmajer, 2014, S. 23).

Es gibt auch bestimmte Bereiche, in denen Intuition, Kreativität, gesunder Menschenverstand und Kenntnisse ihren Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung von Big Data leisten. Big Data bietet Perspektiven für Strukturen und Prinzipien, um Probleme der Extraktion nützlichen Wissens aus Daten systematisch zu behandeln. Es beinhaltet Prinzipien, Prozesse und Techniken zum Verständnis von Phänomenen durch die automatisierte Analyse von Daten. Big Data unterstützt datengesteuerte Entscheidungsfindungen und ermöglicht teilweise das automatische Treffen von Unternehmensentscheidungen (Provost & Fawcett, 2013, S. 52ff.).

Es gibt eine Vielzahl von Einsatzgebieten und Potenzialen, die sich durch die Anwendung von Big Data ergeben und sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Handelsunternehmen stehen dabei vor drei Kernherausforderung (Thomas Rudolph & Linzmajer, 2014, S. 21f.):

1. Datenanalyse und -erfassung: Als erstes muss das Sicherstellen und Erfassen aller wichtigen und relevanten Daten gewährleistet werden. Das enorme Volumen und der hohe Informationsfluss machen es umso wichtiger einen überschaubare Datenstruktur zu besitzen. Die Basis für die Analyse und Auswertung von großen Informationsmengen bilden fehlerfreie Datenerfassungen und übersichtliche Datenstrukturen. Nur so ist es möglich realistische und sinnvolle Erkenntnisse aus der Datenmenge zu entnehmen. Dabei ist die Geschwindigkeit von besonderer Bedeutung, denn umso schneller man neues Wissen generieren kann, desto nachhaltiger sind die Wettbewerbsvorteile.

 2. Verantwortungsbewusstes Umgehen mit Daten: Große Datenmengen und instabile Märkte erschweren und benötigen gleichzeitig gewissenhafte und schnelle Datenanalyse als Grundlage für Entscheidungen. Mit Hilfe von neuen Funktionen sind Kameras im stationären Handel sowohl im Sicherheitskontext als auch für die Analyse des Kundenverhaltens einsetzbar. Manipulation und Betrug kann somit durch die Komplexität und dem Wert von Informationen vorgebeugt werden. Die Datenschutzgesetze sind in jedem Fall einzuhalten, selbst wenn die Technologie vielversprechende Erkenntnisse bereitstellt.

 3. Intelligente Kundenkommunikation: Die Entscheidung über die richtigen Kommunikationsmaßnahmen, die auf Grundlage von neuem Wissen umgesetzt werden, ist von großer Wichtigkeit. Denn Wettbewerbsvorteile werden erst dann generiert, wenn Datenanalysen in konkrete zielgruppengerechte Maßnahmen überführt worden sind.

 Auch im Einzelhandel werden die Vorteile von Big Data und der Digitalisierung genutzt. Bereits jetzt experimentieren Einzelhändler mit Möglichkeiten, intelligente, vernetzte Geräte zu nutzen, um neue Dienste anzubieten, Erfahrungen umzugestalten und neue Märkte durch die Schaffung digitaler Ökosysteme zu erschließen. Die digitale Bewegung bietet Einzelhändlern Möglichkeiten und Chancen in drei kritischen Bereichen: Kundenerfahrung, Lieferkette sowie neue Kanäle und Einnahmequellen (Gregory, 2015, S. 2).

 Die einhergehende Digitalisierung bietet Einzelhändlern die Möglichkeit, ein erheblich verbessertes Ökosystem zu entwickeln, das physische und digitale Welten miteinander verbindet und eine bidirektionale Echtzeit-Interaktion mit Verbrauchern innerhalb und außerhalb des Geschäfts ermöglicht. Das zunehmend allgegenwärtige Smartphone wird der Hauptpunkt für diese Interaktionen sein (Gregory, 2015, S. 4).  

Dem Einzelhändler ist es möglich, neue Einnahmequellen zu erschließen oder in einigen Fällen ganz neue Kanäle aufzubauen. Es gibt bereits Beispiele für zusätzliche Umsätze, die Einzelhändler erzielen können, indem sie in neue Kanäle expandieren oder neue Produktkategorien für das aufstrebende „vernetzte Zuhause“ schaffen. Haushaltsgeräte, Sicherheitsprodukte und Komfortprodukte sowie Gesundheits- und Wellnessprodukte werden Teil des Ökosystems der Digitalisierung. Einige Einzelhändler nutzen das breite Spektrum der verbundenen Produkte, um eine Integrations- „Plattform“ zu werden. Das Konzept hinter diesen Plattformen besteht darin, den Kunden die Kommunikation aller ihrer Heimgeräte untereinander zu erleichtern. Verbundene Plattformen würden den Einzelhändlern einen direkten Kanal zu den Kunden ermöglichen und eine potenzielle Goldmine an Kundendaten generieren. Zum Beispiel Informationen, die mit fast allen Aspekten des Haushalts zusammenhängen, von der Nutzung der Versorgungsunternehmen bis hin zu Verbrauchtrends. Diese Informationen könnten Einzelhändlern helfen, gezieltere Angebote zu erstellen oder durch die Integration verbundener Plattformen vorhandene E-Commerce-Kanäle neue Dienste anzubieten. Beispielsweise den automatisierten Austausch von Produkten basierend auf dem Verbrauch des Kunden oder die Überwachung nicht brauchbarer Daten (Gregory, 2015, S. 4).

 Laut einer Umfrage von IBM, liegt die wesentliche Herausforderung von Big Data darin, ihre Wirtschaftlichkeit zu begründen (Schroeck et al., 2012, S. 4f.), bevor man überhaupt sämtliche Investitionen in einem Projekt vornehmen darf. Daher gilt es organisatorische Schwachstellen im Bezug der Big Data Herausforderung zu erkennen. Big Data trägt dazu bei ein besseres Kundenverständnis zu schaffen und zeigt dabei Möglichkeiten zu mehr Ertrag auf (Thomas Rudolph & Linzmajer, 2014, S. 23).