Der Begriff „Channel“ und die strategischen Ansätze des Handels werden in unterschiedlichsten Literaturen situationsbedingt ausgelegt. Hierbei liegt der Unterschied in der Verknüpfung der jeweiligen Vertriebskanäle. Diese verschiedenen Vertriebskanäle werden im folgenden Unterkapitel genauer erläutert und dargestellt. In der Literatur gibt es unterschiedliche Bezeichnungen und Erklärungen für den Begriff „Omni- Channel“. Seamless Commerce, Everywhere Commerce oder No-Line-Handel gehören zu den Begrifflichkeiten, die eine ähnliche oder dieselbe Bedeutung haben. Etabliert haben sich die Begriffe Multi-Channel und Omni-Channel. Oftmals wird auch der Begriff Cross-Channel genutzt, dessen Unterschied sehr gering zu Omni-Channel ist, dies wird im Laufe dieses Kapitels erläutert. Deswegen wird in dieser Arbeit lediglich der Begriff Omni-Channel genutzt, um weitere Verwirrung zu ersparen.29 Um einen genauen Einblick in die Unterschiede zwischen Multi-Channel und Omni-Channel zu bekommen, dient die folgende Abbildung zur Unterstützung.

Abbildung 9 – Das MXO-Modell – Evolution von Multichannel zu Omnichannel

Wie an der Abbildung 9 zu sehen gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Cross- Channel und Omni-Channel auf die in dieser Arbeit jedoch nicht eingegangen wird, da das Hauptaugenmerk vorerst auf der Unterscheidung zwischen Multi-Channel und Omni-Channel liegt. In den folgenden Kapiteln werden die Begriffserklärungen von Single-Channel, Multi-Channel und Omni-Channel vorgenommen. Die Entwicklung der Technologie, die im Handel genutzt wird, eröffnet dem Handel sehr große Möglichkeiten der Vertriebsart. Diese werden von den Konsumenten genutzt, was dazu führt, dass neue Absatzkanäle entstehen. Das alleinige Auftreten in solch einem „Kanal“ ist jedoch nicht die einzige Voraussetzung, die ein Einzelhändler mitbringen muss. Die Herausforderung hierbei liegt darin, dem Markt gerecht zu werden.31 Das bedeutet für die einzelnen Händler sich kontinuierlich der Entwicklung anzupassen. Dies gestaltet sich oftmals sehr schwierig, da so eine Veränderung sehr gravierend sein kann. Zumal wenn diese Entwicklung bedeutet mit unterschiedlichsten multimedialen Geräten, wie Smartphone, Tablet oder Smart Fernseher umzugehen.32 Diese Möglichkeiten bringen natürlich auch gewisse Herausforderungen mit sich. Während die Menge der unterschiedlichen Absatzkanäle steigt, steigt auch deren Komplexität. Der Konsument passt sich schnell an die neuen Gegebenheiten und sein Einkaufsverhalten den neuen Möglichkeiten an. Die Konsumenten sind ständig Online und während sie früher auf Öffnungszeiten des Händlers angewiesen waren, können sie Heute unbeschwert über einen Online-Shop bestellen. Also verpflichten die Kunden den Händler zu einer Multi- Präsenz, sei es Offline, also durch einen stationären Handel, Online durch einen Webshop oder sonstige Vertriebskanäle wie Printkatalog oder Mobileshops. Natürlich ist nicht nur der Aufbau verschiedener Kanäle von Bedeutung, sondern auch dessen Zusammenarbeit hat gravierende Auswirkungen bezüglich der Kundenzufriedenheit. In den nächsten Unterkapiteln geht es um die jeweiligen Channel Ausprägungen. Einen groben Überblick dazu bietet die Abbildung 10.

Abbildung 10 – Verknüpfung und Integration von Absatzkanälen in Mehrkanalsystemen.

Wie in der Abbildung 10 zu sehen ist existieren sehr große Unterschiede zwischen den Mehrkanalsystemen. Das Multiple-Channel-Retailing ist im Rahmen dieser Arbeit irrelevant. Um hierbei möglichen Missverständnissen aus dem Weg zu gehen, ist es wichtig die Verknüpfung kurz zu erklären. Multiple-Channel-Retailing beschäftigt sich genauer mit den einzelnen Produkten also mit den Händlermarken, die unter unterschiedlichen Absatzkanälen betrieben werden. Dies hat preispolitische Gründe und dient dazu den Kunden nicht zu verwirren, da Online ein anderer Preis verlangt wird als in den Läden.34 Der Begriff Cross-Channel-Retailing das in der Abbildung zu sehen ist, ist in dieser Arbeit ebenfalls nicht relevant, jedoch ist es wichtig auch diesen für das Verständnis der Abbildung zu erläutern. Cross-Channel-Retailing beschreibt die „integrative Verknüpfung der einzelnen Kanäle“35. Die Positionierung des Cross- Channel-Retailing wäre ungefähr zwischen Multi-Channel-Handel und Omni-Channel- Handel, da beim Cross-Channel-Retailing die ersten Möglichkeiten geboten werden zwischen den jeweiligen Kanälen zu wechseln. Der Kunde hat z.B. die Möglichkeit online gekaufte Artikel, offline Abzuholen.

Abgesehen vom Cross-Channel-Retailing werden in den folgenden Kapiteln 2.2.2 Multi- Channel und in Kapitel 2.2.3 Omni-Channel vorgestellt.

Single-Channel

Der Vertrieb durch einen einzigen Kanal wird Single-Channel genannt. Wie in den meisten Beispielen ist diese Art des Vertriebs durch den traditionellen stationären Handel geprägt.37 Jedoch ist auch oft ein reiner Online-Handel oder jegliche andere Form des Einzelhandels als Single-Channel auffindbar. Die Voraussetzung für diese Kategorisierung besteht darin, dass der Vertrieb ausschließlich durch den spezialisierten Kanal betrieben wird.

Multi-Channel

Traditionellen Mehrkanalhandel gab es schon bevor das Internet wirklich an Attraktivität für das Handeln von Ware und Dienstleistungen gewonnen hat. Vertriebskanäle wie der Print-/Kataloghandel, oder das Teleshopping oder der Vertrieb von Ware und Dienstleistungen über den telefonischen Weg gab es schon vorher.39 Einzelhändler haben verschiedene Kanäle gleichzeitig genutzt, um mehr Kunden erreichen zu können. Ein Beispiel für einen Multi-Channel-Ansatz mit Print-/Kataloghandel und ebenfalls einem sehr etablierten stationären Handel ist Neckermann.40 Nach einer kurzen Zeit als stationärer Handel hat sich Joseph Neckermann entschieden das Textilgeschäft auf einem anderen Kanal zu vertreiben, nämlich über den Print-/Kataloghandel. Neckermann ist nicht der einzige Versandhändler, der über verschiedene Kanäle versucht seine Kunden zu erwerben. Quelle, Ikea oder Conrad Electronic gehören zu den „klassischen“ Nutzern der Mehrkanal-Systeme, die einen stationären Handel und einen Katalogversand pflegen.41 Neben klassischen Unternehmen, die den Grundbaustein des Multi-Channels gelegt haben, sind unterschiedliche Formen des Mehrkanalhandels zu erkennen:

• Stationäre Händler, die sich entschieden haben einen elektronischen Absatzkanal einzurichten

• Kooperation zwischen Online-Händler und einem stationären Händler, um Wissen und Erfahrung auszutauschen

• Klassische Multi-Channel Anbieter, Katalogversand und stationärer Handel

• „Pure-Internet-Player“, die einen reinen Online-Handel betreiben und sich entschieden haben eine Offline-Präsenz zu errichten, in Form von Ladengeschäften oder Showrooms

Stark vertreten ist die erste Variante, bei der die stationären Händler versuchen durch einen zusätzlichen Absatzkanal ihr Angebot zu vergrößern und zusätzlich Kunden anzusprechen, die sie mit einer stationären Präsenz nicht erreichen könnten. So stehen dem Kunden mehrere Möglichkeiten einen Einkauf zu tätigen zur Verfügung. Durch die rasante Entwicklung des Internets ist es sehr wichtig die Präsenz in verschiedenen Vertriebskanälen auszubauen. Durch den Zugriff auf eine unkontrollierbar große Menge an Informationen hat der Kunde die Möglichkeit seinen Einkauf vorzubereiten und sich bezüglich des zu erwerbenden Produkts jegliche Informationen einzuverleiben. Dies tun die Kunden auch und hierbei ist die Präsenz an Orten, wie zum Beispiel das Internet, an denen diese Informationen beschaffen werden, vorteilhaft.43 Um das Wort Multi-Channel genauer zu erklären, ist es von Bedeutung den Begriff zu zerlegen. Angefangen bei dem Begriff „Multi“. Multiple hat seine Wurzeln im lateinischen Wort Multiplex und trägt die Bedeutung „Vielfach“.44 In dem Kontext des Einzelhandels bedeutet dies die multiple also die vielfache Präsenz von Unternehmen in unterschiedlichen Vertriebskanälen.45 Das Wort „Channel“, Kanal oder Vertriebskanal sind die Absatzwege, die ein Unternehmen nutzt um seine Ware oder Dienstleistungen an den Kunden zu bringen. Eine sehr wichtige und auschlaggebende Voraussetzung, um sich Multi- Channel Anbieter zu nennen ist, dass jeder verwendete Kanal ob stationärer Handel, Internetauftritt oder Print-/Kataloghandel eine Kaufmöglichkeit bieten muss. Sollte dies nicht der Fall sein, kann es auch nicht als Kanal bezeichnet werden. Dazu gehören zum Beispiel Informationsquellen oder Finanzierungsangebote.46 Zusammengefasst lässt sich sagen, dass ein Multi-Channel-Handel erst dann zu Stande kommt, wenn das Unternehmen dem Kunden die Möglichkeit bietet über mindestens einem Online und einem Offline Kanal, die operativ miteinander zusammenhängen, die angebotenen Waren oder Dienstleistungen zu erwerben. Der Unterschied zu den erwähnten „klassischen” Multi-Channel-Ansätzen ist, dass die Unternehmen, die ein Multi-Channel- Handel betreiben wollen, genau einen stationären Handel anbieten müssen und parallel dazu unter demselben Namen eine Internetpräsenz aufweisen müssen.47 Es ist zwar meistens der Fall, dass Unternehmen sich mit der Zeit eine Internet Präsenz aufgebaut haben, jedoch stehen die verschiedenen Kanäle sehr unbekannt zueinander. Das bedeutet, dass sie meistens keine Information zum Beispiel bezüglich Artikelbestand oder Kunden voneinander haben. Dies führt auch dazu, dass sie zueinander in Konkurrenz stehen. Dies gilt sowie für die Warenwirtschaft als auch für die IT-Systeme und sonstige betriebliche Prozesse. Die Integrität der Angebote ist somit nicht gewährleistet. 48 Die notwendige Verbindung zwischen den bestehenden Kanälen/Systemen fehlt. In vielen Fällen fehlt auch ein gemeinsames Marketing-Auftreten, wie zum Beispiel ein Corporate Design.49 Für den Kunden jedoch ist die Internet Präsenz sowie die Offline Präsenz, wie die Filiale eines Unternehmens dasselbe. Auch sollte die Schaffung einer Einheitlichkeit eines der Ziele des Unternehmens sein und Geschäftsprozesse sowie jegliche Strukturen so zu gestalten, dass das Unternehmen im digitalen Zeitalter konkurrenzfähig und attraktiv für die Kunden bleibt. Wie in Abbildung 11 zu sehen, ist eine Umstrukturierung von sehr hohem Vorteil, sodass der Kunde im Mittelpunkt steht. Um jedoch diese Umstrukturierung zu gewährleisten, ist ebenfalls die technische Seite zu beachten. Auch wenn die Systeme beim Multi-Channel meistens nicht direkt, sondern auf Umwegen verbunden sind, tragen diese eine sehr hohe Bedeutung für die erfolgreiche Einführung des Multi-Channel-Handel bei.

Abbildung 11 – Vom Onlinesilo zum integrierten Multi-Channel-Händler – auf dem Weg zum
digitalen Unternehmen

Omni-Channel


„Omni-Channel und Mobile werden von den IT-Verantwortlichen als die mit Abstand wichtigsten technologischen Trends der nächsten Jahre gesehen.“51 Es gibt viele unterschiedliche Erklärungen für den Begriff „Omni-Channel“. Der Unterschied zu Multi-Channel ist, wie bei 2.2 Multi-Channel erwähnt, dass die separaten Plattformen des Online Handels und des stationären Handels etc. beim Omni-Channel zusammenschmelzen.
Dies wird durch die Nutzung verschiedener Technologien ermöglicht. Die
immer wichtiger werdende Verknüpfung der Online und Offline Präsenz verleitet die traditionellen stationären Händler zu einem Online Auftreten. Andersrum versuchen reine Onlinehändler verstärkt in Form von Shops oder Showrooms auch Offline präsent zu sein.52 Diese Verschmelzung der verschiedenen Kanäle stellt eine Herausforderung dar, welche sich die Unternehmen annehmen müssen. Diese sogenannte Kanalintegration
gehört zu den ersten Schritten der Omni-Channel-Strategie und wird als die wichtigste Herausforderung angesehen. Neben der Kanalintegration ist ebenfalls das Zusammenspiel auf der technischen Seite relevant.

Abbildung 12 – Omni-Channel delivers a seamless customer experience across all channels

Sei es die technische Systemverknüpfung, die Realtime-Anbindung und das Stammdatenmanagement, das gepflegt oder eingeführt werden muss.54 Big Data, Customer Relationship Management, Cloud-Computing und viele weitere Trends haben eine sehr hohe Relevanz auf dem Weg in ein Omni-Channel Handel.55 Im Fortgang der Arbeit werden diese Trends ausführlich dargestellt und erklärt. Wie bei vielen im Einzelhandel bestehenden Trends steht auch beim Omni-Channel der Kunde im Mittelpunkt. Da die Online-Aktivitäten der Kunden stetig steigen, ist eine reibungslose Kommunikation der verschiedenen Vertriebskanäle sehr wichtig. Der Kunde schaut sich oftmals die Produkte, die er erwerben will vorher im Internet an und kauft es dennoch Offline im Laden. Omni-Channel fähige Einzelhändler würden dem Kunden die Möglichkeit geben Online angefangene Kaufprozesse Offline abzuschließen oder umgekehrt. Zu einer Schnittstelle zwischen dem stationären Handel und dem Onlineshop gehört zum Beispiel die Auslieferung von im Laden nicht verfügbaren Artikeln auf dem Versandweg zum Kunden nach Hause oder die Möglichkeit die Online bestellte Ware im Store abzuholen. 56 Der reibungslose und fehlerfreie Ablauf dieser Prozesse setzt die Integrität auf der technischen Ebene voraus. So können die Händler, die ein Omni-Channel-Konzept besitzen von der Korrektheit der Daten ausgehen. Das bedeutet für die Händler, dass jegliche Kontaktpunkte (auch Touchpoint genannt) des Kunden synchron sein müssen. 57 Die Veränderung ist stark von dem Kaufverhalten der Käufer abhängig. Die Abhängigkeit von stationärem Handel, welche früher wegen der geringen Transparenz hinsichtlich der im Markt verfügbaren Produkte sehr hoch war, ist mittlerweile verschwunden. Kunden sind ständig im Internet und haben Zugriff auf eine unendliche Menge an Informationen und Preisvergleich-Portale.58 Genau hier knüpft das Omni- Channel-Konzept an. Durch eine Omni-Channel Verknüpfung wird dem Kunden ein Erlebnis geboten, das im stationären Handel so gut wie unmöglich ist. Der Kunde hat die Option zwischen verschiedensten Bezahlvarianten, Abholvarianten und Informationsvarianten zu wählen und diese gemischt anzuwenden (Abbildung 13).

Abbildung 13 – Today´s consumers are using more than one channel

Da der Kunde durch die Verwendung von einem Smartphone ständig im Internet ist, hat er die Möglichkeit vor dem Kauf im Internet einen Preisvergleich durchzuführen oder ähnliche Produkte anzuschauen die eventuell ebenfalls in Frage kommen. Daraus entwickelt sich die Kaufintention und so bleibt dem Kunden die Wahl, ob das Produkt online gekauft oder doch im Laden gekauft werden soll. Neben dem Produkt werden dem Kunden unzählige Dienste angeboten, wie das Onlinebestellen und im Laden abholen und ggf. im Laden bezahlen, das sogenannte Click & Collect. Neben den unterschiedlichsten Abhol- und Bezahlmöglichkeiten wird dem Kunden auch ein Service in Form von Kundenbetreuung angeboten (Abbildung 13). Dies sind die Grundvoraussetzungen, um einen Omni-Channel-Handel zu gewährleisten. Diese Arbeit beschäftigt sich mit den verschiedenen Architekturen, die in der Omni-Channel Umgebung entstanden sind. Deshalb ist es von Wichtigkeit, dass die verschiedenen Technologien und IT-Komponenten verstanden und verinnerlicht werden. Deswegen werden folgend die verschiedenen Komponenten der IT-Architektur zur Erklärung des Omni-Channels erläutert.