Ganz oder teilweise autonomes vernetztes Handeln von Systemen in ungewisser Umgebung ist eine große Herausforderung bei der Entwicklung solcher Systeme.298

BROY gliedert die Architektur von CPS anhand einer zwiebelschalenartigen Struktur, die das Zusammenschließen von anderen Systemen zu übergeordneten Systemen betont. 299 Entsprechend der CPS-Referenzarchitektur nach WESTERMANN sorgt das Kommunikationselement für die Möglichkeit zur Kommunikation und Kooperation mit anderen Systemen. Es werden neue Systeme (Systemverbund) gebildet, deren Leistungsfähigkeit und Funktionalität die Summe der Einzelsysteme übersteigt.300 Um solche Systeme zu entwickeln, ist es nötig, Anforderungen beginnend bei dem System, welches erst in der Kooperation entsteht, zu spezifizieren und zu beschreiben. So werden Anforderungen von der höchsten Systemebene durchgängig auf ihre Subsysteme heruntergebrochen. 301 Ein Systemverbund ist in der Lage die Rollen der Einzelsysteme und deren Vernetzung flexibel unter Berücksichtigung der Ziele zu verändern.302 Ebenso können neue Dienste anderer Systeme in existierenden CPS eingespielt werden und zur Erkennung, Bewertung und Abstimmung von Situationen herangezogen werden.303

Das temporäre Zusammenschließen der CPS zu einem Systemverbund bringt besondere Anforderungen mit sich. Eine vollständige voraussehbare Interaktion des Cyber- physischen Systems lässt sich aufgrund von kurzen Entwicklungszeiten nicht mehr realisieren. Dies führt zu einer wesentlich höheren lokalen Intelligenz und Fähigkeit zur Adaption. Dabei müssen Modelle und indikatorbasierte Methoden304 bei der Entwicklung zum Einsatz kommen, um die Komplexität der Systeme und Funktionen zu bewältigen. 305

Hinzu kommt, dass CPS häufig sehr heterogen sind, d.h. ihre Struktur und ihr Verhalten sind aus unterschiedlichen Elementen aufgebaut, wie EIGNER ET AL. erwähnen.306 Der Verbund von Systemen führt ebenso zu einer notwendigen modularen Produktentwicklung und modularen Produktstruktur als Voraussetzung der Wiederverwendung.307

KRAUSE UND GEBHARDT führen an, dass die Produktentwicklung generell ein Engpass sei und verweisen auf wesentliche Herausforderungen bei einer variantenreichen Produktentwicklung, denn die Literatur und etablierte Vorgehensmodelle adressieren vornehmlich die Einzelproduktentwicklung.308 Den speziellen Herausforderungen zur Bewältigung der Vielfalt an Komponenten und Prozessen im Unternehmen lässt sich durch Wiederverwendung von Entwicklungsartefakte309 entgegenwirken.

Dies setzt eine modulare Produktstruktur und Entwicklung voraus und ist ein wesentlicher Aspekt der VDI 2206.310 Die Modularität ist somit ein entscheidender Faktor und angetrieben von der Kommunalität. Kommunalität bedeutet „das Teilen von gemeinsamen Eigenschaften“ und bezieht sich auf die Nutzung von Gemeinsamkeiten verschiedener Produkte mit dem Ziel, die interne Varianz der Produkte und die dazugehörige Komplexität im Unternehmen zu reduzieren.311 Der Aspekt wird des Öfteren spezifiziert als funktionale Kommunalität für ähnliche Anforderungen oder Komponentenkommunalität für die physische Ähnlichkeit von Komponenten.312

Die Entscheidung zur Verwendung und Analyse der Module über mehrere Produktfamilien hinweg betrifft die ganze Produktentwicklung und ist kein einzelner Arbeitsschritt, sondern beschäftigt fortlaufend die Entwicklung. Eine weitere Herausforderung ist die Informationsnutzung übergreifender Einzelprodukte, um dadurch Synergien zu erzeugen. Dies führt zu einer laufenden Weiterentwicklung und Pflege der modularen Produktstrukturen. 313  

Ferner stellen HORNBERG UND DEPPE dar, dass die Kommunikation zwischen CPS essenziell ist. Einzelne Elemente können Services anderer Elemente nutzen. Somit nehmen die Kommunikation und die Wiederverwendung von Funktionen zu.314 Dies bedeutet, dass heterogene Produkte eine offene, standardisierte Schnittstelle benötigen, gerade in Anbetracht der Kollaboration unterschiedlicher Industrie- oder Geschäftspartner.315

Plattformen und Standardisierung

GEISBERGER UND BROY führen an, dass für eine erfolgreiche Umsetzung von CPS flexible und standardisierte Infrastruktur- und Kommunikationsplattformen vonnöten sind.316 Um smarte Dienste und Funktionen anbieten zu können, greifen CPS auf eine Cloud- Infrastruktur zurück (siehe Abschnitt 3.2.4). Damit übernehmen Plattformen eine entscheidende Aufgabe, und zwar die Koordination zwischen heterogenen Systemen und Dienstleistungen, um eine möglichst weitgehende Interoperabilität zu gewährleisten.317 Durch eine Standardisierung und somit eine Interoperabilität von Protokollen, Datenformaten und Komponenten findet eine Öffnung der Systeme statt, was Anforderungen an die Sicherheitsaspekte der Plattformen stellt.318,319 Ebenso helfen Plattformen bei der Herausforderung von Big Data und bei der Verarbeitung, Anreicherung und Analyse derselben. Für die Verarbeitung von Daten und für die Integration von Datenbankbestände n stehen neue Datenbanksysteme, wie beispielsweise die SAP HANA Plattform oder Apache Hadoop, zur Verfügung.320 Diese hybriden Konzepte ermöglichen die große sowie schnelle Datenauswertung, um Vorhersagen zu treffen.321,322

Neue Technologien ermöglichen es, große Datenmengen kostengünstig zu verwalten oder in Echtzeit zu analysieren. Große Datenmengen können dabei über Plattformen mit hochwertigen integrierten Sicherheitsmechanismen betriebs- und IT-sichere, relevante Dienste anbieten. Dies schafft Verlässlichkeit und Vertrauen in funktionierende CPSLösungen. 323 Im Sinne des Netzwerkeffektgedankens324 können ebenso Nutzer Funktionen für oder auf Plattformen selbst entwickeln.325,326 Durch etablierte Plattformen erhöht sich aber auch das Risiko des Missbrauchs, z.B. durch das Bevorzugen bestimmter Dienstleistungen oder Produkte.327