Der Begriff „Dynamic Pricing“ ist im Themenfeld Preismanagement ebenso von großer Relevanz, dieser ist in der Literatur jedoch nicht klar abgegrenzt. Garbarino und Lee beispielsweise definieren Dynamic Pricing als den Kauf und Verkauf von Produkten in Märkten, in welchen Preise je nach Angebot-und Nachfrage-Situation angepasst werden und stellen Dynamic Pricing somit als eine Variation der klassischen Preisdifferenzierung dar (Garbarino und Lee 2003, S.496). Des Weiteren versteht man unter Dynamic Pricing die dynamische Veränderung des Verkaufspreises im Laufe der Zeit und die damit kohärierende ständige Anpassung an Marktänderungen (Krämer et al. 2016, S.2). Genth fügt dem noch hinzu, dass hierbei nicht nur auf die sich im Zeitverlauf ändernde Nachfrage, sondern auch auf die Preisänderungen der Wettbewerber reagiert wird (Genth et al. 2016, S.868). Während Schleusener den Begriff „Dynamic Pricing“ dem Begriff „personalisierte Preise“ gleichsetzt (Schleusener 2016, S.686), grenzt Remmel dagegen diese zwei Begriffe klar voneinander ab (Remmel 2016, S.876). Letztere Auffassung vertreten auch Krämer et al, welche zusätzlich die Kombinationsmöglichkeit von dynamischem und individuellem Pricing aufführen (Krämer et al. 2016, S.3). So können Preise einerseits ausschließlich personalisiert oder ausschließlich dynamisch festgesetzt werden, andererseits besteht auch die Möglichkeit, Preise individuell pro Kunde festzulegen und diese zusätzlich auch dynamisch an die jeweilige Marktsituation anzupassen (ebd.). Unter personalisierten Preisen wird die zuvor erläuterte Preisdifferenzierung ersten Grades verstanden. Das Dynamic Pricing wird in dieser Arbeit als eine spezielle Form der klassischen Preisdifferenzierung aufgefasst (Reinartz et al. 2017, S.4), welche sich am ehesten der zeitlichen Preisdifferenzierung 3. Grades zuordnen lässt, da auch hier zeitabhängige Preisschwankungen stattfinden, diese jedoch beim Dynamic Pricing auch in Echtzeit geschehen können (Krämer et al. 2016, S.1, S.3). Dynamische Preise existierten bereits zu alten Zeiten, als auf Marktplätzen Händler verderbliche Lebensmittel beispielsweise am Ende des Tages reduziert verkauften (Reinartz et al. 2017, S.3). Heutzutage sind zum Beispiel Benzinpreise an Tankstellen von sich im Tagesverlauf ändernden Preisen geprägt, was auf Nachfrageschwankungen und Konkurrenzkämpfen zwischen Tankstellen zurückzuführen ist (ebd.). Die dynamische Preissetzung wird aber aktuell auch in anderen Branchen, insbesondere von E-Commerce Unternehmen, bereits praktiziert. So ändert Amazon laut Simon und Fassnacht seine Verkaufspreise über 2,5 Millionen mal an einem Tag (2016, S.256). Im Rahmen einer Studie wurden bestimmte Produkte bei Amazon auf Preisveränderungen analysiert und es zeigte sich, dass bei einer Kaffeemaschine zum Beispiel innerhalb zwei Tage der Preis von 99 Euro auf 109 Euro stieg (Krämer und Kalka 2016, S.3). In einer weiteren Studie, durchgeführt im Mai 2016, wurden vier Wochen lang Preise von 198 verschiedenen Produkten von Onlinesowie Multi-Channel-Händlern beobachtet und analysiert (Krämer et al. 2016, S.4). Dabei konnte bei 25 % der Produkte eine Fluktuation der Preise festgestellt werden (ebd., S.5). Auffällig waren hierbei besonders Tages-und Wochentags-abhängige Preisschwankungen (ebd.). Auch je nachdem über welches Endgerät oder welche Suchmaschine bestimmte Produkte aufgerufen wurden, konnten Preisunterschiede festgestellt werden (ebd.). Die häufigsten Preisänderungen wurden dabei von Amazon getätigt, gefolgt von myToys und Zalando (ebd.). Eine weitere Untersuchung über einen vierwöchigen Zeitraum ergab zudem, dass 88 % der beobachteten Preise im stationären Handel unverändert blieben, bei den online-Händlern hingegen änderten sich immerhin 43 % der Preise innerhalb des Untersuchungszeitraums (Reinartz et al. 2017, S.8). Dieses Ergebnis lässt sich damit begründen, dass ein Online-Händler gegenüber einem stationären Händler Vorteile bezüglich Dynamic Pricing aufweist: Zum einen hat der Online-Händler geringere Kosten für schnelle Preisänderungen, auch Menükosten genannt, und zum anderen ist die Informationsbeschaffung über Konkurrenzpreise einfacher und automatisiert möglich (Schleusener 2016, S.868). Für eine effektive dynamische Preissetzung bedarf es hingegen beim stationären Handel an elektronischen Preisschildern, um dem kosten- und zeitaufwändigen, manuellen Ändern der Preise zu entgehen (Schleusener 2013, S.156). Doch auch wegen der Möglichkeit der Käufer, im Internet die Preise verschiedener Händler mit Hilfe von Preissuchmaschinen einfach und schnell vergleichen zu können, wird die Notwendigkeit der dynamischen Anpassung an Wettbewerbspreise für Online-Händler deutlich (Schleusener 2013, S.159). Diese permanente Reaktion auf Konkurrenzpreise wird auch in einer von der zdf Sendung WISO durchgeführten Marktanalyse ersichtlich. Hierfür wurden im Dezember 2015 zwei Wochen lang bei über 1700 Online-Shops die Preise stündlich erhoben und ausgewertet (zdf WISO 2015). Ein Beispiel dieser Analyse ist in Abbildung 10 dargestellt, wobei hier die Preisverläufe verschiedener Anbieter einer Waschmaschine der Marke Siemens aufgezeichnet wurden. Es fällt direkt auf, dass teilweise ein enormer Preisunterschied zwischen den Händlern herrscht, die Preisspanne für das gleiche Produkt reicht von 429 Euro bis 774 Euro. Des Weiteren fällt auf, dass „Amazon“ (gelbe Linie) seinen Preis im Laufe des 09.12. senkt, und kurz danach der Anbieter „redcoon“ (rote Linie) den gesenkten Amazon-Preis nochmals um 5 Euro unterbietet (siehe Abbildung 10). Genauso wie „redcoon“, welcher nach einem Tag seinen Preis wieder erhöht, senkt nun am 10.12. Saturn (blaue Linie) ebenfalls seinen Preis, bis unter das Niveau vom Amazon-Preis. Diese Verläufe sind nicht auf Zufälle zurückzuführen, sondern demonstrieren die automatischen Preisanpassungssysteme der Anbieter, welche nach bestimmten Regeln funktionieren (Schleusener 2013, S. 159). Auf diese Systeme wird im Verlauf dieser Arbeit noch näher eingegangen. Wie zuvor aufgezeigt, wird im deutschen Markt die Strategie der dynamischen Preisgestaltung bereits praktiziert, die Existenz von personalisierten Preisen basiert dagegen nur auf Vermutungen und es gibt keine empirischen Beweise.

Abbildung 8: Zeitlicher Preisverlauf verschiedener Anbieter einer Waschmaschine (zdf
WISO 2015)